Vorbereitung
Mein 5.Semester wollte ich im Ausland verbringen. Dieses Semester plante ich ca. ein Jahr im Vorraus. Da ich den Sommer 2010 in Frankreich ver¬brachte, konnte ich mir einen persönlichen Eindruck von den Kunsthochschulen und Städten machen, die mich interessierten, Rennes und Nantes. Ich entschied mich für die „Beaux-Arts“ in Rennes, weil die dortigen Kurse mir mehr zusagten, und direkte Ansprechpartner vor Ort waren, im Gegensatz zur Beaux-Arts in Nantes, wo es mir nich einmal möglich war, die Schule zu betreten. Nach einem Gespräch mit Frau Zieschang, die den Kontakt zur „École européene supérieure d’Art de Bretagne“ herstellte, bewarb ich mich im April 2011 und wurde angenommen.
Das Bewerbungsschreiben und den Lebenslauf schrieb/ hielt ich auf französisch. Anbei legte ich eine CD mit Proben meiner Arbeiten, welche in den vergangenen Semestern entstanden sind.
Bei allen Fragen stand Frau Zieschang mir hilfsbereit zu Seite.
Unterkunft
Die Kunsthochschule in Rennes bot mir an, ein Zimmer im Wohnheim zu reservieren. Das Zim-mer kostete 147€ pro Monat. Dieses Angebot nahm ich dankend an, wollte aber vor Ort eine WG suchen, um mit Franzosen zusammenleben zu können. Dies erwies sich aber als schwierig, da es kaum freie, möbilierte Zimmer für 3 Monate gab. Die, die ich fand, waren dann leider überteu¬ert ( 350€ für ein Zimmer, das kaum ausgestattet war und nicht einmal im Zentrum lag). Das Wohnheim (Straße: Square de Guyenne, Stadtteil: Kennedy) war nicht sonderlich schön, es war alt und unrenoviert. Mein Zimmer war 9m2 groß, hatte ein Waschbecken, einen geräumigen Schrank als Raumtrenner, ein Schreibtisch, ein Regal und ein viel zu kleines und kurzes quiet-schendes Bett. Es gab zwei Fenster, trotzdem kam in mein Zimmer leider nicht viel Licht hinein, da ich zur Hälfte eine Mauer davor hatte. Dies ist aber nur bei wenigen Zimmern der Fall.
Es gibt zwei Waschmaschinen für alle Bewohner (das Wohnheim hat 12 Stockwerke, pro Stock-werk schätze ich 20-30 Bewohner) und einen Wäschetrockner, der nicht richtig trocknet. Für die Benutzung der Waschmaschine zahlt man 3€, für den Trockner 1€.
In der gemeinschaftlichen Küche, auf jeder Etage gibt es eine, kann man leider nicht zusammen essen, da weder Tische noch Stühle vorhanden sind. Die drei Toiletten muss man sich mit ca. 30 anderen Flurbewohnern teilen genauso wie die drei Duschen. Der sanitäre Bereich erinnert eher an ein heruntergekommenes Schwimmbad, als an ein Wohnheim.
Wenn da nicht die vielen netten Flurnachbarn aller Nationen gewesen wären, wäre ich verzwei-felt! Aber ich wurde regelmäßig bei einem Franzosen zur Zimmerparty eingeladen, genauso habe ich mit einer Französin oft gemeinsam gekocht und Käffchen getrunken, mit anderen hält man auf dem Weg zur Dusche oder beim Abwaschen ein Pläuschchen. Auch lebten andere Deut¬sche im Wohnheim, über die man dann wieder andere Erasmusstudenten kennenlernte usw..
Im Endeffekt habe ich mich an mein Zimmer gewöhnt, es durch ein paar IKEA-Artikel aufgewer¬tet und war sogar ein bisschen traurig, als ich es verlasses musste. Trotzdem würde ich allen raten, sich im Vorfeld um eine WG zu kümmern (www.leboncoin.fr) oder sich auf ein renovier¬tes Zimmer zu bewerben, dies muss man direkt über die Internetseite (www.crous-rennes.fr) machen, was ich leider nicht wusste.
Noch ein Tipp: Für ein Zimmer im Wohnheim braucht man eine extra Zimmerversicherung. Dies steht aber auch auf den Papieren, die man vorher bekommt. Allerdings hat die Schule mich zu einer Versicherung geschickt, die für diese Zimmerversicherung 100€ haben wollte! Bei der Bank LCL be¬kommt man ein Konto inkl. dieser Versicherung für 1€!! Dies habe ich gemacht und es hat auch alles wunderbar geklappt. Bei der Bank PNB Paribas geht dies wohl auch und man bekommt angeblich auch noch 35€ Gutschrift für die Eröffnung eines Kontos!
Studium an der Gasthochschule
Gleich nach meiner Ankunft in Rennes, hatte ich ein Rendez-ous mit Madame Auffray, die sich um alle Erasmusangelegenheiten dort kümmert. Sie empfing mich freundlich, übergab mir eine Mappe mit einigen Dokumenten für Rennes, Stadtplan, Infobroschüre etc. Ich erfuhr, wann meine Infoveranstaltungen waren.
Leider gab es nicht ein einziges Erasmustreffen. Die Infoveranstaltungen waren nur für mein Kurs, so lernte ich schon mal meine Mitstudenten kennen. Nach der Infowoche konnte ich meine Kurse wählen. Vorhergesehen sind 4 Hauptkurse. Das Angebot war relativ groß, somit wusste ich gar nicht genau, was ich wählen sollte und wie weit das Wissen von bestimmten Techniken in einigen Kursen (z.B. Film) war. Das Angebot ging von Fotografie über Film, Animation, Typografie, Grafik Design, Interaktives Design, Plakatgestaltung, Multimediale Arbeiten und viele mehr (ich studierte im Bereich „Communication“). Ich wählte meine Kurse, doch war ich nicht ganz zufrieden mit der Auswahl, da ich nach einigen Wochen sah, was der wirkliche Kursinhalt war, und was andere in anderen Kursen machten. Von daher rate ich, sich während der Infowoche mit den jeweiligen Dozenten zusammenzu¬setzen und nachzufragen, wenn man was nicht verstanden hat oder nähere Informationen wünscht.
Der Unterricht in einigen Kursen lief wie folgt ab: Meist dauerte eine Einheit 3-4 Stunden, in denen man hauptsächlich allein arbeitet. Man hat seinen eigenen Arbeitsplatz. Die hellen großen Räume sind einem Atelier ähnlich. Während der Kurszeit kam irgendwann die Lehrperson zu einem und man sprach gemeinsam über das Projekt.
Dadurch hatte man keinen Kontakt zu den anderen Studenten, man musste den Kontakt selber suchen. Auch wusste man nicht, wie die Projekte der anderen aussahen, an was sie arbeiteten. Man konnte nicht gemeinsam über Lösungen sprechen. Diese Punkte störten mich. Andererseits war man sehr frei während der Kurszeit, man konnte sich seine Arbeit selber einteilen.
In anderen Kursen ( z.B. Kommunikationstheorie oder Kunstgeschichte) saß man in einer kleinen Gruppe zusammen und diskutierte. Dies war förderlich fürs Verständnis wie auch für das Sprechen der Sprache. Die Schule schloss abends um 18Uhr, was das späte Arbeiten in den Werkstätten unmöglich machte. Zudem waren Werkstätte, wie die Siebdruckerei schlecht ausgestattet.
Die meisten Professoren/ Dozenten waren freundlich, allerdings kam es nie vor, dass einer auf mich zukam und mich fragte, ob alles gut läuft, ob ich Fragen habe etc. Für mich war es anstrengend, da immer ich das Gespräch suchen musste. Ähnlich war es mit den Studenten. Es waren nur 2-3 Leute dabei, die während des Kurses mal auf mich zukamen, sehen wollten, was ich so mache. Bei Partys o.ä. wurde ich aber eingeladen. Im Allgemeinen war mein Kurs schon sehr unter sich und sie hatten Schwierigkeiten, mich mit einzubeziehen.
Abschließend kann man sagen, dass es eine schöne Schule ist, die viel anbietet, aber an der Kommunikation hapert es ein wenig.
Alltag und Freizeit
Rennes ist eine sehr kulturelle Stadt, die viel bietet. Am Anfang gab es viele Veranstaltungen, wie z.B ein Wochenende der offenen Türen. Hier konnte man wichtige Gebäude, wie das Parlament der Bretagne, das sehr schöne Rathaus, die Oper und vieles mehr besichtigen. Die ersten Wochenenden nutzte ich hauptsächlich mit anderen Erasmusstudenten um die Bretagne zu erkunden. Es gibt viele hübsche und beeindruckende Orte, die man problemlos mit dem günstigen Bus (www.illenoo-services. fr) erreichen kann. Hierzu zählen Mont Saint Michel!, Saint Malo, Dinard, Dinan, Fougères (Mittelalterstadt) und einige andere. In Rennes gibt es jeden Samstag einen großen Markt auf dem Place des Lices, den man un¬bedingt besuchen muss! Das Zentrum von Rennes ist sehr schön. Auf dem Place Sainte Anne und auch anderswo findet man viele Fachwerkhäuschen. Außerdem gibt es zahlreiche Läden zum Bummeln und Shoppen, viele gemütliche Bars und Cafés.
Auch abends bietet Rennes allerhand. Jeden Donnerstag wird gefeiert, dann ist die Stadt überlaufen. An jeder Ecke stehen junge Leute, und durch die „rue de la soif“ kommt man nicht mehr durch. Diese Straße ist wohl die bekannteste in Rennes. Hier reiht sich eine Bar an die andere. Ob man live Musik möchte, Rock, Reggea, HipHop oder in einen Club, man findet alles! Zudem gibt es immer irgendwelche Sonderveranstaltungen. Man muss nur die Augen und Ohren offen halten.
Um von Ort zu Ort zu kommen, ist die einzige Metrolinie Rennes’ sehr praktisch. Ansonsten gibt es ein hervorragendes Busnetz und auch einen Nacht¬bus. Für das Verkehrsnetz kann man sich eine Monatskarte kaufen (Kosten 29,10 für die „Carte Korrigo“). Diese Karte habe ich täglich genutzt, schon allein, um mit der Metro zur Kunsthochschule zu fahren, welche im Zentrum liegt.
Die Universität in Rennes bietet ein vielfältiges Sportprogramm an, an welchem ich leider nicht teilnehmen konnte, da ich nicht an der Uni, sondern an der Kunsthochschule eingeschrieben war. Aber es gibt auch uniunabhängige Kurse, die dann etwas teurer sind. Ein übersichtliches Programmheft bekommt man im „Office de tourisme“ Metrostation: République.
Ich wollte unbedingt einen Sprachkurs belegen, den die Kunsthochschule leider nicht anbietet.
Also nahm ich an dem Sprachkurs von der Organisation „Cirefe“ der Universität „Rennes2“ teil. Dieser kostet dür Studenten, die nicht dort eingeschrieben sind 230€ pro Semester. Es findet ein Einstufungstest statt, wenn man nicht zufrieden ist, kann man auch die Kurse wechseln. Man hat 4 Stunden pro Woche Unterricht, 2 Stunden mündlich, 2 Stunden schriftlich. Zudem bringt einem der Kurs 5 Credits. Ich bin froh, dass ich diesen Kurs belegt habe, auch wenn mein französisch vorher schon recht gut war.
Meinem Alltag habe ich recht viel mit deutschen Erasmusstudenten verbracht, was ich eigentlich nicht wollte, aber kaum zu vermeiden war, da es in Rennes viele Deutsche gab. Zu Franzosen hatte ich nur durch die Schule oder durchs Wohnheim Kontakt. Es gibt aber an der Uni „Rennes2“ das Angebot, sich frz. Sprachpartner zu suchen.
Abschließend noch ein paar Worte zu den Kosten der Lebensmittel in Frankreich. Diese sind erhöht im Vergleich zu Deutschland, ich habe monatlich um die 200 Euro ausgegeben, obwohl ich auf die Preise geachtet habe. Die Supermarktkette „Carrefour“ ist weit verbreitet, allerdings nicht sehr günstig. Aber in Rennes gibt es auch einige Lidl Märkte, die humane Preise vertreten. Im Ganzen würde ich sagen, dass die Lebenshaltungskosten während des Auslandssemesters höher sind, als zuhause.
Fazit
Ich bin froh, dass Auslandssemester in Rennes verbracht zu haben. Es ist eine wundervolle Stadt, die viel bietet und gefühlt nur aus Studenten besteht. Zudem ist die Beaux-Arts eine sehr schöne Schule mit vielfältigem Kursangebot, allerdings ist die Betreuung der Erasmusstudenten zu verbessern. Das einzige, was ich bedauer ist, dass ich nicht direkt mit Franzosen zusammen gelebt habe. So gehen einige kulturelle Unterschiede an einem vorbei und vor allem lent man die Sprache langsamer.
Kiel, den 17.01.2012