Dasselbe gilt für die Ateliers, alle sind immer frei zugänglich und man sieht immer was die unterschiedlichen Jahrgänge produzieren. Design und Kunst vermischen sich vor allem im Bachelor und teilen sich einen Arbeitsraum. Außerdem ist die Schule auch sonst ordentlich ausgestattet mit Garten, Computerraum, Soundstudio, Technikverleihe usw. Die Werkstätten sind für alle nutzbar (auch ohne Werkstattschein) was mich hier vor allem dazu gebracht hat, vermehrt mit Keramik zu arbeiten. Natürlich gibt es auch eine Holz-, Metall- und Druckwerkstatt, ein Fablab mit 3D Druckern, Nähmaschinen und Elektronischen Experimenten. Aber jetzt zu meinen persönlichen Highlights in der Schule, von denen ich am meisten profitiert habe. Meine Lieblingsorte in der Schule an denen ich die meiste Zeitverbracht habe sind zu einem die Dachterrasse, die an die Gemeinschaftsküche anschließt (es gibt keine Mensa) und die Bibliothek im Herzen des Gebäudes. Beides sind tolle Orte, die Austausch fördern und man immer mit Menschen in Kontakt kommt, aber auch für sich arbeiten kann. Die Bibliothek ist breit aufgestellt und hat auch viele Englischsprachige Bücher auf die man zurückgreifen kann, wenn es mit dem Französisch bei komplexen Inhalten noch nicht so gut läuft. Für die Weiterentwicklung meiner Praxis waren vor allem die Ausstellungsräume ausschlaggebend. Hiervon gibt es vier, die man unter dem Studienjahr für sich „mieten“ kann, um dort Hängungen auszuprobieren oder an Installationen arbeiten kann. Am Ende des Semesters finden in diesen auch die Evaluation statt. Diese Räume haben mir ermöglicht, seit dem Beginn meines Studiums erstmal wieder großmaßstäblich installativ zu arbeiten und haben viele Experimente im Raum unterstützt.
Die Praxis
Durch den experimentellen Ansatz, den die Schule verfolgt wird ein anderer Umgang mit Material gefördert, was uns zu dem Thema Nachhaltigkeit und Materialinfrastruktur bringt. ESAAA hat eine Kooperation mit dem lokalen Schrottplatz, von dem man sich durch eine interne Organisation sein Arbeitsmaterial beschaffen kann. Aber auch in der Schule selbst ist immer einiges an Material im Umlauf, man kann seinen eigenen Ton recyceln, in zahlreichen Sammelcontainern ist immer was zu finden und in einem Lager stehen alte Rahmen für Leinwände und Papierrollen. Außerdem hat die Schule eine Außenstandpunkt in einer alten Tankstelle in der sowohl ein Ausstellungs- und Experimentierraum als auch ein kleiner Baumarkt für gebrauchtes Material untergebracht ist, wo man billig einkaufen kann. Tatsächlich hat vor allem das Sammeln des Materials, das in der Schule kursiert und meine Ausflüge in den Wald und das dort vorhandene Naturmaterial meine Praxis maßgeblich beeinflusst. Durch diesen Umgang mit den Rohstoffen stand das prozessuale Arbeiten im Vordergrund und meine Arbeitsweise konnte sich so über einen konzeptionellen Ansatz hinaus ausweiten. Dieser Ansatz hat neue unerwartete und intuitive Formen hervorgebracht, die ich in Rende-Vous mit den Lehrenden weiter erforschen konnte und so oft erst im Gespräch klar wurde welche Themen ich mit meinen Arbeiten ansteure.
Die Lehrenden und Unterricht
Auch der Unterricht behandelte für mich ganz neue Themengebiete. Oft sprachen wir dort über okkulte Themen und Ökofeminismus, in Performance Kursen lernte ich verschiedene Herangehensweisen und Körperübungen und im Workshop Unterricht experimentierte ich mit archäologischen Praxen und wende diese auf meine Werke an. Es gibt eine Bandbreite an Kursen von denen ich relativ frei wählen konnte, die sich dann in einem Stundenplan im Zweiwochen-Rhythmus zusammen setzten. Ich hatte eine bunte Mischung aus praxisorientierten und theoriebasierten Kursen, die in Themengebiete von Architektur zu Contemporary Art, Hexen, indigenen Kunstformen, Ausstellungspraktiken und experimenteller Musik alles umfasste. Ähnlich breit wie die Inhalte des Unterrichts sind die Lehrenden aufgestellt. Die meisten sind Französischer Herkunft, allerdings gibt es auch einige Internationale Künstler aus Nord-, Zentral- und Südamerika, die mit ihrer eigenen kulturellen Herkunft viele Referenzen und eigene Themen, wie Dekolonialisierung und kulturelle Aneignung mitbringen. Was die Sprache angeht, finden der Unterricht überwiegend in Französisch statt, allerdings gibt es auch englische Angebote. Alle geben sich viel Mühe mit der Sprachbarriere umzugehen, allerdings ist das englisch Level der Lehrenden sehr unterschiedlich, aber man kommt trotz geringer französisch Kenntnisse gut durch.
Die Leute
Ähnlich gemischt ist es mit den Studierenden, manche haben eine gute Englischbasis andere können nur französisch. Ich bin allerdings mit wenig Französisch und viel Englisch gut durch gekommen. Da die Schule recht klein ist, gibt es pro Semester nur zwei Erasmusstudierende, allerdings waren während meiner Zeit in der Schule trotzdem viele Internationale Studierende, vor allem aus Südostasien, Zentral- und Südamerika, dem arabischen Raum aber auch aus anderen europäischen Ländern. Alle haben mich sehr willkommen geheißen und es war kein Problem, gute Freunde zu finden. Mit denen habe ich viel kooperiert bei unseren unterschiedlichen Projekten. Die Schule ist meist der Treffpunk für alle an dem man gern Zeit verbringt und zusammenkommt. Von dort aus ging es dann oft weiter in Cafés oder an den See. Vor allem das Café des Arts ist fast wie ein Außenstützpunkt der Schule, hier kann man immer Freunde und Kommilitonen treffen.
Das Fazit
Im Allgemeinen war mein Auslandsaufenthalt hier ein voller Erfolg. Ich habe sogar im Februar, nach dem das 1. Semester hier beendet war, noch auf ein ganzes Jahr verlängert. Die Schule lädt ein länger zu bleiben, einige Studierende sind ehemalige Erasmusstudierende, die sich entschieden haben, hierher zu wechseln oder im Anschluss zurück zu kommen. Ich kann den Ort für jeden empfehlen der Natur in seinen Alltag integrieren möchte und in seiner künstlerischen Praxis neue Seiten entdecken will. Ich komme mit frischen Ideen, Themen und Möglichkeiten zurück nach Deutschland und werde auf jeden Fall weiterentwickeln.