Die Wahl für mein Erasmus- Semester fiel auf Den Haag. Als „City of Peace and Justice“und Sitz vieler Internationaler Organisationen ist es schon eine besondere Stadt. Nahezu jeder spricht fließend Englisch und so spreche ich bis heute fast kein Wort Holländisch.
Die Stadt ist eine Mischung aus Einheimischen und Zugezogenen die in den vielen internationalen Organisationen, Botschaften und Gerichtshöfen arbeiten. Die Polizei ist an jeder Ecke anzutreffen, weswegen ich hier auch immer sehr vorschriftsmäßig Rad gefahren bin.
Auch die KABK (Königliche Akademie der Künste, Den Haag) versteht sich als eine internationale Hochschule. Viele Studenten aus der ganzen Welt kommen an die Uni um ihr ganzes Studium hier zu absolvieren. Die wenigsten lernen Holländisch, die Kommunikation findet auf Englisch statt und so fallen die Erasmusstudenten auch nicht sonderlich auf, in diesem Meltingpot der Nationalitäten.
Mit der Planung und Organisation des Studiums gab es für mich weder an der Heimat- noch an der Gasthochschule Probleme. Ich habe jedoch auch Fälle mitbekommen in denen es anders lief.
Das Semester ging am 1. September mit Einführungsveranstaltungen, Workshops und großem BBQ + Party im Hof der Uni los.
Das Studium an der KABK ist sehr verschult. Die Studenten selbst nennen die Uni „School“und die Lehrenden „teacher“was mir zumindest komisch vorkam. Mittlerweile betitele ich diese ebenso.
Es gibt vier Fachklassen (Painting, 3D, Autonoom und Free Graphics) von denen ich mich für Autonoom entschied.
Das vierjährige Studium ist in Klasse eins bis vier unterteilt wobei Sitzenbleiben auch möglich ist. Erasmusstudenten kommen immer in die “dritte Klasse”, da sich in der “Vierten” schon auf den Bachelor vorbereitet wird.
In meiner Klasse gab es vier Lehrende und einen festen Stundenplan. Vier mal im Jahr wird man bei den „Accessments“ von den vier Lehrenden, dem Art Theory Lehrer als auch dem Head of Department bewertet. Nach den Halbjahresaccessments werden die Noten sowie ECTS Points öffentlich in der Klasse vorgelesen. Das kam mir doch sehr befremdlich und unangebracht vor.
Sehr gefallen hat mir die intensive Betreuung. Jeder Student hatte das Angebot von vier kurzen Arbeitsgesprächen pro Woche.
Montags und Dienstags standen Kollektivtreffen auf dem Stundenplan. Jeweils zwei Studierende präsentierten ihre Arbeiten über die anschließend in der Gruppe gesprochen wurde. Bei diesen Gesprächen waren Studierende des zweiten, dritten und vierten Jahres der Autonoom-Klasse sowie jeweils zwei Lehrende anwesend.
Diese Arbeitsgespräche haben mir sehr gut gefallen. So konnte man die Arbeit der anderen kennenlernen, Entwicklungen beobachten, analysieren und auch die eigene Arbeit besser reflektieren lernen.
Gut gefallen hat mir ebenfalls das „Individual Study Programm“ in dem jeder Studierende zu einem selbstgewählten Thema arbeitet, Workshops belegt, Rezensionen über Ausstellungen, Filme o.ä. schreibt. Es war auch möglich Kurse an der Uni Leiden zu belegen oder selbst Projekte ins Leben zu rufen.
Besonders gut war, der auch wieder sehr verschulte „Art Theory“ Kurs. Mit Aufgaben wie zum Beispiel einem„reading skill assignment“ bei dem das Textverständnis geprüft wurde, habe ich mich sehr in die Schule zurückversetzt gefühlt.
Die behandelten Texte sowie die Themensetzung waren jedoch eine große Bereicherung für mich.
In Den Haag ein Zimmer zu finden ist unglaublich schwer. Ich habe schließlich eine Bleibe über private Kontakte gefunden.
Dieser Umstand ist das einzige was ich am Erasmusprogramm zu bemängeln habe. Ich finde es nicht tragbar, dass man sich als Erasmusstudent vom Heimatland aus um ein Zimmer in einem fremden Land kümmern muss.
Es gibt zwar Webseiten wie “WG- gesucht”, für die man aber eine Gebühr entrichten muss und auch nur selten eine Antwort auf seine Anfragen bekommt. Von Deutschland aus kann man sich die Zimmer nicht angucken und nur hoffen, dass man vielleicht mal an einem Skype- Casting teilnehmen kann.
Alles in allem habe ich aber eine sehr schöne Zeit in Holland verbracht. Ich habe viel über mich und auch über mich als Deutsche, die Holländer und andere Nationen gelernt.
In der Uni, bei den Lehrenden und den Mitstudierenden habe ich mich sehr willkommen gefühlt.
Die Lehrenden sind sehr persönlich auf mich eingegangen und viele organisatorische Dinge konnten sehr unkompliziert geregelt werden.
So konnte ich zum Beispiel auch ohne Probleme meinen Aufenthalt an der Uni um zwei Monate verlängern. Ohne viel Bürokratie und Rennerei zu verschiedenen Ansprechpartnern war dies möglich.
Ich habe hier an der KABK und in den Niederlanden viel Energie und Offenheit für Neues gespürt. Experimente, Eigeninitiative und Ideen wurden begrüßt und recht unkompliziert gefördert.
Im Fachbereich “Freie Kunst” kann ich jedem einen Auslandsaufenthalt an der KABK empfehlen!