Bewerbung:
Beworben habe ich mich im Februar 2011 für das Wintersemester an der Kunsthochschule (Kuvataideakatemia) Helsinki, mit einem Portfolio welches einen großzügigen Überblick meiner künstlerischen Arbeit darbot. Weiterhin habe ich ein Empfehlungsschreiben meines Professors beigelegt, dies ist allerdings nicht unbedingt notwendig, in meinem Fall fand ich es angebracht, da die Muthesius und die Kuvataideakatemia (KUVA) zu jener Zeit noch keine Partnerhochschulen
waren.
Danach hieß es warten, warten, warten.
Ende Juni, Anfang Juli hatte ich meine Zusage im Briefkasten. In dieser Wartezeit sollte man sich schon um sein Auslandsbafög kümmern, da die Bearbeitungszeit zwei bis vier Monate dauern kann.
Das zuständige Amt für Finnland befindet sich in Halle. Bekommt man Inlandsbafög, sollte man sich mit seinem Sachbearbeiter möglichst schnell absprechen. Beim Auslandsbafög ist es generell die selbe Prozedur wie beim Inlandsbafög, man muss alle Formblätter neu ausfüllen und nach Halle schicken.
Da mein Mann an der KUVA als regulärer Masterstudent angenommen worden war, entschied ich mich zusammen mit ihm gänzlich nach Helsinki zu ziehen. Um all unser Hab und Gut und die Katze mitzubekommen, reisten wir mit der Autofähre von Travemünde nach Helsinki. Insgesamt dauerte die Überfahrt 28 Stunden und kostete um die 500 Euro.
Vorbereitungen:
Bewirbt man sich fürs Wintersemester, sollte man sich zügig um eine Wohnung kümmern, Helsinki ist bekannt für seine notorische Wohnungsknappheit, ich habe einen Erasmusstudenten getroffen der für ein halbes Jahr im Hostel gelebt hat, und das ist teuer.
Bereit stehen die Wohnungen des Studentenwohnheims HOAS (http://www.hoas.fi/www/hoaswww.nsf/sp?open&cid=homepage), diese sind allerdings auch sehr knapp und man sollte sich sofort nach dem Eintreffen der Zusage um einen Wohnungsplatz bewerben. Da ich mit meinem Mann, meiner Katze und dem ganzen Haushalt nach Helsinki gezogen bin, konnte ich mich für ein “Family flat” bewerben. Es handelt sich hier um eine Wohnung mit ca. 46 cm², für 488 Euro(inkl. Strom, Heizung und Internet), die man für max. 3 Jahre mieten kann. Die Kaution betrug 500 Euro und muss vor Anreise gezahlt werden.
Die Wohnung befindet sich ungefähr 15 Km außerhalb der Innenstadt in Rastila.
Die Uni ist wunderbar mit der Metro in 20 Minuten zu erreichen, diese fährt bis 23 Uhr alle 9 Minuten, danach gibt es die Möglichkeiten den Nachtbus zu nutzen, welcher bis 2 Uhr den regulären Preis und ab 4 Uhr vier Euro kostet. Als Student unter 30 kann man für 21 Euro im Monat eine travel-card beantragen, mit welcher man unbegrenzt innerhalb der ersten Zone Helsinkis reisen kann.
Die Akademie und der Alltag In der KUVA angekommen wurde ich auch sofort mit einem kleinen Seminar über alle Dinge bezüglich der Uni aufgeklärt. Uns wurden zwei Studenten als Tutoren zur Seite gestellt, die uns bei Fragen zu Alltag und Uni zur Seite standen. Es wird einem eine Studentenkarte empfohlen, die 45€ pro Semester kostet. Es ist ratsam jene zu beantragen, sie ermöglicht viele Vergünstigungen. Die Uni hat eine vegetarische Mensa in der man für günstige 2,50€ gut essen kann.
Geregelt wird das studentische Leben über den „KOPSU“. Dies ist eine Internetplattform auf der alle Kurse aus dem Semester angegeben sind. Hier schaffte ich mir einen Überblick und konnte mich bequem und problemlos für Kurse anmelden. Auf diese Weise hat man eine gute Übersicht über den weiteren Verlauf des Studiums an der KUVA. Viele Kurse wurden in Englisch angeboten, doch gab es auch ein oder zwei für die ich mich gerne angemeldet hätte, die nur in finnischer Sprache angeboten wurden. Generell gab es aber in meinem Fall kaum Probleme mit der Sprache an der Uni. Gefreut habe ich mich über die 100 Euro Materialgeld und die 5 Meter Leinwand, die einem zu Verfügung stehen.
Ausgestattet ist de KUVA mit einer tollen Grafikwerkstatt und einem Malerei- Materialraum.
Werkstattleiter stehen einen zwei Tage in der Woche zu Verfügung. Hat man ein bestimmtes Projekt welches man verwirklichen möchte, kann man sich mit den Werkstatleitern kurzschließen, diese helfen einem bei den technischen Fragen.
Es gibt eine Kunstbibliothek direkt an der Uni, die zwar recht klein ist, aber mit einem größeren Netz an Bibliotheken verbunden ist, so dass man Bücher problemlos ordern kann (Anregungen zu Neukäufen sind auch immer erwünscht). Es gibt auch noch die HelMet Library, bei der man sich kostenlos anmelden kann. Hier findet man Bücher aus allen Genres und in allen Sprachen.
Im Alltag
Die Lebensunterhaltskosten sind wesentlich höher als in Deutschland und man sollte sich auf teure Lebensmittel einstellen. Es gibt zwar Lidl, doch ist der Preisunterschied gerade bei Dingen wie Käse und Fisch sehr hoch. Möchte man mal einen Wein trinken, sollte man sich auf eine kleinen Schock vorbereiten, da gibt man schon mal 7 Euro für eine Flasche aus und der schmeckt dann eher mäßig.
Wenn es allerdings um Flohmärkte und Secondhandläden geht, ist Helsinki kaum zu schlagen und ich konnte mich hier wunderbar und für sehr wenig Geld mit Winterkleidung ausstatten, denn diese ist bei Durchschnittstemperaturen von minus 10 Grad dringend nötig.
Finnland ist das Land der Sauna und des Tangos, an beiden Dingen kommt man nicht vorbei und das ist auch gut so. Möchte man die hiesige Kultur verstehen, sollte man beides erleben und genießen. Nirgendwo ist der Finne so gesprächig wie bei einem Bier in der Sauna und nirgends so emotional wie beim Tango.
Die meisten größeren Wohnungen in Helsinki sind mit Saunas ausgestattet. So sollte man sich auch nicht wundern, über Partys in Bars, bei denen auch Sauna angeboten wird.
Empfehlenswert ist die in den 1920ern erbaute Yrjönkatu Schwimmhalle. Hier kann man als Student für nur 6€ traditionelle Holzsauna, wie auch die Dampfsauna erleben und natürlich steht einem ein Schwimmbecken zu Verfügung. Achtung! Kleidung ist optional. (Frauen und Männer haben natürlich getrennte Tage).
Hat man die Zeit, sollte man einen Trip nach Lappland wagen. Im Dezember bin ich mit zwei weiteren Erasmus-Studenten aus Belgien nach Kittilä geflogen. Untergekommen sind wir übers Couchsurfen bei einer finnischen Familie. Dort hatte ich das Glück Nordlichter zu sehen und zu erfahren, was es heißt mit drei Stunden Tageslicht (die Sonne lässt sich nie blicken) und -24°C zurecht zu kommen. Alles im allen eine wunderbare Erfahrung und ermöglicht einen Einblick in eine weitere Kultur Finnlands.
Was einem negativ ins Auge fällt ist eine große Anzahl von Betrunkenen, nicht nur abends sondern auch tagsüber, gerade in dem Stadtteil in dem sich die Uni befindet. Die hohen Lebensmittelpreise sind leider auch ein negativer Aspekt.
Alles im allen aber war der Erasmus-Aufenthalt ein durchweg positives Erlebnis, sowohl der Uni als auch der Kultur wegen. Es ist ein gewöhnungsbedürftiges Land, mit einer sehr komplizierten Sprache, die leider nicht so schnell zu erlernen ist (es war mir durchaus eine Hilfe Schwedisch zu verstehen, da dies die hiesige „Zweitsprache“ ist).
Doch glaube ich, dass Helsinki eine Stadt ist in der man zumindest für eine kurze Zeit gelebt haben muss, weil es, einfach gesagt, ganz anders ist als alles andere.