Die Entscheidung, ein Auslandssemester in Dänemark zu machen, habe ich bei meinem letzten Besuch in Kopenhagen getroffen. Dabei hatte ich mir auch die Royal Danish Academy angeschaut und war begeistert von den Gebäuden der Uni und der dort herrschenden Atmosphäre. Ich war mir nicht sicher, ob mein Vorhaben klappen würde, da die Royal Academy keine Partnerhochschule der Muthesius Kunsthochschule war.
Die Erasmus-Partnerschaft kam erst durch meine und die Bewerbung eines Kommilitonen und die Hartnäckigkeit unser Erasmus-Koordinatorin zustande. Es lohnt sich also durchaus, einmal über das Angebot der Erasmuspartnerschaften seiner Hochschule hinaus zu gucken und sich einfach zu bewerben.
Vorbereitung
Neben den üblichen Bewerbungsunterlagen muss man bei der Royal Danish Academy auch ein Portfolio und ein Motivationsschreiben einreichen. Dabei sollte man ein bisschen Arbeit investieren, gerade wenn es sich bei der Wunschhochschule nicht um eine Partnerhochschule handelt. Die Hochschule in Kopenhagen wird jedes Semester von Erasmusbewerbungen überschwemmt, weswegen es auch relativ lange dauert bis man eine Antwort erhält. Das Semester in Kopenhagen fängt früher an als in Deutschland, sodass ich schon 2 Wochen
vor Semesterende abgereist bin. Das war bei mir kein Problem, da ich meine Präsentationen nach meinem Auslandsaufenthalt nachholen konnte. Wenn es geht, würde ich auf jeden Fall empfehlen, rechtzeitig zum Semesteranfang in Kopenhagen anzureisen, da man am Anfang seine Kurse wählt und gleich alle anderen Erasmus-Studenten kennenlernen kann.
Unterkunft
Generell ist es eher schwierig eine günstige Unterkunft in Kopenhagen zu finden. Die School of Design schickt zwar eine Liste mit zu vermietenden Zimmern mit, jedoch bekommen diese Liste natürlich alle Erasmusstudenten. Ich hatte sehr viel Glück und hatte mein Zimmer schon nach der ersten Anfrage auf eine Anzeige im Internet bekommen. Ich hab meine Zimmer über wg-gesucht.de gefunden, weil meine Vermieterin auch Deutsche war und dort inseriert hat. Allgemein kann man aber sagen, dass es sehr viel unkomplizierter ist, vor Ort auf Wohnungssuche zu gehen. Die meisten der anderen Erasmusstudenten hatten kein Zimmer als sie in Kopenhagen angekommen sind und haben sich dann in der ersten Zeit viele Wohnungen angeschaut und auch alle innerhalb von 1-3 Wochen etwas gefunden. Facebook ist dabei ziemlich hilfreich gewesen, da es verschiedene Gruppen gibt, in denen immer wieder WG Zimmer inseriert werden. Außerdem gibt es eigentlich von jedem Erasmussemester eine Facebook Gruppe. Da lohnt es sich auf jeden Fall mal die „alten“ Erasmusstudenten anzuschreiben und nach Tipps zu fragen.
Studium & Gasthochschule
Die Royal Danish Academy ist wunderschön direkt am Wasser gelegen und bietet eigentlich die besten Bedingungen zum Studieren. Die School of Design befindet sich in einem Gebäude, in dem jeder Student seinen eigenen Arbeitsplatz bekommt. Es gibt gut ausgestattete Werkstätten, eine tolle Bibliothek und die beste Mensa der Welt.
Am Anfang des Semesters gab es eine Informationsveranstaltung, in der alle wichtigen Formalitäten geklärt wurden. Auch die Lehrenden der einzelnen Fachbereiche haben sich dort vorgestellt und eine Auswahl von Kursen präsentiert, die wir belegen konnten. Die Kurse musste man gleich in den ersten Tagen wählen, konnte sich aber später im Semester auch noch umentscheiden. Nicht so toll war, dass die Dänischen Studenten schon Wochen davor ihre Kurse gewählt hatten und man das Gefühl hatte die Reste abzubekommen (zumindest im Industriedesign schien das so zu sein). Allerdings haben alle im Endeffekt Kurse bekommen, die sie interessiert haben. An der School of Design hat man regulär einen Kurs zur Zeit, der dann eine oder mehrere Wochen dauert und meistens mit einem mündlichen Examen abschließt. Wenn man kein Dänisch kann, sollte man eher Master Kurse belegen, da diese meistens auf Englisch gehalten werden. Einige Erasmus-Studenten haben sich auch an die dänischsprachigen Bachelorkurse herangetraut. Da hängt es dann sehr von den Lehrenden ab, ob man total aufgeschmissen ist oder auch mal die ein oder andere Erklärung auf Englisch bekommt. Wer gerne Dänisch lernen möchte hat die Möglichkeit einen Sprachkurs zu belegen, der 2 mal die Woche in der School of Design stattfindet. Da hängt es dann natürlich sehr von der eigenen Motivation ab, ob man sich nach 5 Monaten schon unterhalten kann oder grad mal ein Bier auf Dänisch bestellen kann. Spaß hat’s aber auf jeden Fall gemacht.
Anschluss an dänische Studenten zu finden war nicht ganz so einfach. Die Dänen sind ein sehr zurückhaltendes Völkchen und generell hatte man schon mehr mit internationalen Studenten zu tun, was ich aber nicht unbedingt als negativ empfunden hab, weil man auch so wunderbare Leute kennengelernt hat. Beste Gelegenheit dazu vor allem Anfang bietet die Fredagsbar, die in unregelmäßigen Abständen in der Kantine der Hochschule organisiert wird. Bei billigem Bier und fisk ( von den Dänen heiß geliebter gewöhnungsbedürftiger Schnaps) lernt man sich relativ schnell kennen.
Alltag & Freizeit
Das erste was man in Kopenhagen machen sollte, ist sich ein Fahrrad zu besorgen. Mit dem Rad kommt man eigentlich überall am besten hin. Es gibt zwar ein gut ausgebautes Netz öffentlicher Verkehrsmittel, aber selbst im Winter ist es sehr viel angenehmer zu radeln als in der Rush Hour in der Metro festzusitzen. Außerdem gibt es in Kopenhagen kein Semesterticket für Studenten, da ist Radfahren die billige Alternative.
Freizeit- und kulturmäßig hat Kopenhagen einfach unglaublich viel zu bieten, da weiß ich gar nicht wo ich anfangen soll. Als Kaffeeliebhaber habe ich wirklich versucht alle niedlichen kleinen tollen Cafes der Stadt auszuprobieren, aber man schafft es in 5 Monaten einfach nicht. Da das Kaffeetrinken in Kopenhagen ein teures Vergnügen ist, kann man versuchen, das durch andere gratis Freizeit Aktivitäten wieder auszugleichen:Museen sind meistens Sonntag umsonst. Super toll ist Louisiana, etwas außerhalb von Kopenhagen gelegen.
Als Student der School of Design kommt man auch hier umsonst rein.
Im Frühling/Sommer unbedingt in den Botanischen Garten gehen, nach Klampenborg oder Amagar an den Strand radeln oder in Christians Brugge am Wasser grillen! Wer im Mai da ist, kommt nicht um das Distortion, ein einwöchiges Straßenfestival herum. Ansonsten wird im Meatpacking District in Vesterbro, in Norrebro oder in Christiania gefeiert, das ja praktischerweise gleich in der Nähe der Hochschule liegt.
Wie schon erwähnt: das Leben in Kopenhagen ist teuer. Ich habe circa doppelt so viel Geld im Monat ausgegeben wie in Deutschland. Vor allem für uns Deutsche sind Lebensmittel ungewohnt teuer, also hält man sich am besten an Supermärkte wie Netto, Kiwi und Fakta. Die Kantine der Hochschule ist zwar für dänische Verhältnisse recht günstig, aber Selbstgekochtes bleibt preismäßig unschlagbar und kann in den Mikrowellen der Mensa aufgewärmt werden. Für alles was man außer Essen noch so braucht, kann ich nur die Give/Buy/Sell Facebookgruppe oder Flohmärkte empfehlen.
Fazit
Alles in Allem hab ich die Zeit in Kopenhagen sehr genossen und war supertraurig als ich wieder die Heimreise antreten musste. 5 Monate gehen wirklich extrem schnell vorbei und man hat das Gefühl, man ist nach ein paar Monaten erst so richtig angekommen. Ich glaube, dass mir dieses Semester persönlich unglaublich viel gebracht hat. Für ein paar Monate mal aus dem Uni-Alltag rauszukommen und zu sehen, wie woanders so studiert und gelebt wird, hat mir vor allem geholfen mich selbst ein bisschen besser kennenzulernen und eine genauere Vorstellung davon zu bekommen, was ich später mal machen möchte. Abgesehen davon habe ich tolle Leute kennengelernt und mich total in Kopenhagen verliebt, sodass ich mit gut vorstellen könnte mal für längere Zeit dort zu leben.