David Beyer – Muthesius Kunsthochschule, Kiel – BA KoDe
Erasmus Auslandssemester in Lissabon WS 2012/2013
Faculty of Fine Arts, University of Lisbon
Ich wollte seit Beginn meines Studiums ein Auslandssemester machen, trotzdem war meine Entscheidung eher eine kurzfristige Angelegenheit. Erst gegen Mitte meines fünften Semesters an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel habe ich dann den konkreten Plan gefasst ein Semester in Lissabon zu verbringen. Vorteilhaft war die lange Bewerbungsfrist bis Anfang Juni somit konnte ich meine Bewerbungsunterlagen trotz meiner späten Entscheidung noch rechtzeitig einreichen.
Ich habe mich für Portugal entschieden, da mir zum einen der Gedanke dem norddeutschen Winter zu entkommen gefiel und ich andererseits eine andere Kultur und Lebensweise kennenlernen wollte. Informationen zu der Universität und dem ERASMUS-Programm in Lissabon habe ich mir über die Internetseite der Universität von Lissabon und der „Faculdade de Belas Artes“ (www.fba.ul.pt) beschafft. Diese Seite hat einen englischen Teil extra für Studenten aus dem Ausland, allerdings sind oftmals nur die Reiter und nicht die Inhalte übersetzt und somit ist es schwer sich ohne Portugiesisch Kenntnisse einen umfangreichen Überblick zu verschaffen.
Da die Zusage relativ spät eintraf und auch die Termine für die ersten Veranstaltungen erst eine Woche vorher bekannt gegeben wurden, war es etwas schwierig die Anreise früh zu organisieren aber auf mein Nachhaken nach den Terminen per Email hatte ich die Informationen dann doch rechtzeitig und so bin ich am 6. September 2012 nach Lissabon geflogen. Am günstigsten fliegt man mit easyjet von Berlin direkt nach Lissabon (ca. 90 – 150€) oder für etwas mehr Geld von Hamburg mit der TAP (ca. 160 – 200€).
Lissabon ist die Hauptstadt von Portugal, liegt an der Flussmündung des Tejo und ist mit ca. 500.000 Einwohnern auch die größte Stadt Portugals. Sie ist auf sieben Hügeln errichtet, wodurch das Stadtbild von kleinen verwinkelten Gassen, steilen Straßen und wunderschönen Aussichtspunkten geprägt ist. Wiedererkennungswert haben die Brücke „Ponte 25 de Abril“ über den Tejo, der „Christo Rei“ eine große Jesus Statue nahe der Brücke und natürlich die alten Straßenbahnen die in den steilen, engen Gassen fahren.
Meine Wohnung habe ich im Voraus über einen Kontakt gefunden, den ich von einer Kommilitonin bekommen hatte, die das vorherige Semester dort gewohnt hat. Die Kosten für das WG-Zimmer lagen bei 235€ zusätzlich Nebenkosten. Die Wohnung liegt recht zentral im Stadtteil Graça, nicht weit entfernt von einem der wunderschönen Aussichtspunkte Lissabons.
Das Leben in Lissabon ist etwas billiger als in Deutschland, so sind Nahrungsmittel ein klein wenig günstiger aber der größere Unterschied liegt darin, dass man für 6 – 10€ sehr gut Essen gehen kann. Auch die öffentlichen Verkehrsmittel sind erschwinglich und zur Not ist Taxifahren um einiges billiger als in deutschen Städten. Somit waren mein Auslands-BAföG und die 200€ ERASMUS-Förderung pro Monat ausreichend.
Die ersten Veranstaltungen an der Universität fanden dann eine Woche nach meiner Anreise statt. Zum einen gab es eine Einführungsveranstaltung an der „Faculdade de Belas Artes“ und eine weitere in der Universität von Lissabon bei welcher die ausländischen Studenten aller Studiengänge begrüßt wurden. Dort stellte sich auch das Team von „ESN Lisboa“ (Erasmus Student Network) vor. Diese Organisation hilft ERASMUS-Studierenden bei der Wohnungssuche und allem wo es ihrer Hilfe bedarf. Wir bekamen alle ein „Welcome Kit“ mit portugiesischer Sim Karte und nützlichen Informationen rund um Lissabon und das Studierendennetzwerk.
Als ERASMUS-Student hatte ich freie Auswahl an Kursen die ich belegen wollte. Diese konnte ich mir im Internet auf der Seite der Universität zusammen suchen und mir dann meinen Stundenplan erstellen.Dieses Unterfangen war jedoch nicht so einfach wie es klingt da es dort kaum eine Kursbeschreibung zu finden gab und man somit raten musste was wohl unter den Bezeichnungen zu verstehen ist.
Die „Faculdade de Belas Artes“ liegt sehr zentral im Stadtteil Chiado und ist gut mit der Metro oder der Straßenbahn erreichbar. Das Gebäude beherbergt neben den Unterrichtsräumen noch diverse Werkstätten (Glas- , Holz-, Stein-, Druck-, Metallwerkstatt) auch Digitallabore, Schnittplätze (für Film), eine Druckerei und einen Shop mit Kunstbedarf. Wenn der Laden im Gebäude nicht reicht ist 50 m von der Fakultät auch noch ein größerer Laden bei dem die Studenten Rabatt bekommen.
Für allen Fragen und Probleme gibt es eine ERASMUS-Koordinatorin im Sekretariat die sehr hilfsbereit und nett ist und auf alle Emails immer schnell geantwortet hat.
Die Vorlesungszeit begann am 18.9.2012 und endete am 6.2.2013.
Ich wählte drei Kurse die mir zusagten ( Ilustração Iniciação, Práticas Tipográficas und Gravura Iniciação). Die Aufgaben bestanden aus praktischen Arbeiten die anschließend benotet wurden, allerding habe ich einen Kurs abgebrochen, da der Dozent in diesem Kurs, wenn er dann mal erschien alle Studierenden nur schikanierte, ohne etwas bezüglich der verschiedenen Drucktechniken zu vermitteln.
Ansonsten waren die Lehrenden sehr hilfsbereit, die Arbeit an den verschiedenen Projekten wurde von ihnen gut begleitet und die Kritik war konstruktiv und hilfreich. Ich besuchte einen portugiesisch Kurs (privat) um die Sprache zu erlernen, was sich jedoch als schwieriger herausstellte als ich gedacht hatte. So konnte ich mir grundlegende grammatikalische Kenntnisse aneignen, bin jedoch nie wirklich ins sprechen gekommen. In den Kursen war das kein Problem, da die Dozenten und Professoren entweder von vornherein zweisprachig gelehrt haben oder anschließend an die portugiesischen Ausführungen noch mal auf Englisch mit den ERASMUS-Studenten gesprochen haben. Außerhalb der Universität bietet Lissabon ein riesiges Angebot an Sehenswürdigkeiten, sodass die ersten Wochen von Erkundungstouren durch die Stadt geprägt waren. Durch die Lage Lissabons locken grad im Sommer die Strände wie Costa da Caparica im Süden auf der anderen Seite des Tejo, wie auch die Stadtstrände Carcavelos, São Pedro und Cascais mit guten Wellen und Erholung in der Sonne. Für mich als Surfer waren die Strände das ganze halbe Jahr ein Magnet, um dem Stadtleben zu entfliehen und mich der guten Wellen zu erfreuen. Die Strände sind sehr gut mit Bus und Bahn von der Innenstadt innerhalb einer halben Stunde zu erreichen. Abends spielt sich das Leben in Lissabon im Ausgehviertel Bairro Alto ab, wo man Bar an Bar findet und wo die Straßen jeden Abend mit Studenten gefüllt sind. Durch die Fülle der Bars ist für jeden Geschmack etwas dabei, allerdings sollte man auch vorsichtig sein, da einige Ecken nicht sehr sicher sind, obwohl die Polizeipräsenz in Lissabon sehr groß ist. Auch Wochenendtrips nach Porto oder in die Algarve sind sehr zu empfehlen, entweder mit einer Gruppe auf einem von „ESN“ organisierten Trip oder auf eigene Faust mit Mietauto oder Bus und Bahn (ca. 20 € pro Fahrt).Abschließend kann ich nur sagen, dass ich glücklich bin ein Auslandssemester gemacht zu haben und das Lissabon für mich auch die richtige Stadt war. Ich konnte an der Universität dort das machen wofür ich an meiner Heimatuni nicht die Zeit habe, da es dort nur um die Pflichtkurse geht und alles Zusätzliche nicht angerechnet wird, somit war es für mich persönlich ein bereicherndes Semester. Durch das Zusammenleben mit Menschen aus anderen Teilen Europas und neue Freundschaften mit Menschen von der ganzen Welt habe ich viel gelernt über andere Kulturen und habe auch andere Blickwinkel auf die Situation in Europa bekommen und das finde ich ist wichtig in einer globalisierten Welt.
Persönlich war dieses halbe Jahr eine inspirierende und lehrreiche Erfahrung die ich jedem nur empfehlen kann.
David Beyer