Ein Trimester in Nantes
Ich hatte mich von zu hause aus für die “situation” Image eingeschrieben. Mit der Vorstellung, ein Semester nur malen zu können, sah ich mich nun dem Stundenplan gegenüber: Video. Video und nochmals Video – und Filmgeschichte. als zu essen, und so stellte sich heraus, dass die Professoren zwar video- und fotospezialisiert sind, man allerdings völlig frei entscheiden konnte, mit welchem Medium man das Semesterthema umsetzen wollte. Wer eine Performance machen wollte, der machte eben eine Performance, wer malen wollte, der malte. Am Anfang stand allerdings ein Gruppenvideokurzprojekt, was dazu führte, dass ich mich nur noch dem Bewegtbild widmete und den Malgedanken verwarf obwohl ich mir einen Atelierplatz im Filialgebäude hätte freischaufeln können.Die Kunsthochschule befindet sich im Stadtzentrum. Alle Studenten, die ich kennen lernte, wohnten entweder in WGs oder in “studios”, ausgebauten Dachzimmern. Die Mieten sehen zunächst sehr hoch aus, lässt man sich jedoch auf den Zettelkrieg ein (ja in der Bürokratie hört dann doch das liberté-Gefühl auf), bekommt man einen nicht unerheblichen Wohnzuschuss vom Staat. Wer denkt, Franreich gleich teuer, dem kann ich die Angst nehmen. Nantes ist nicht Paris und das Leben ist hier nicht teurer als bei uns.Was die Sprache betrifft, so war es trotz aller Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft Fremdsprachlern gegenüber sehr schwierig, dem Unterricht zu folgen. Es wird ausschließlich Französisch gesprochen. Es behaupten zwar alle, des Englischen mächtig zu sein, nach 2 Sätzen geben allerdings die Meisten auf. Das ist zwar von Vorteil, um eine Sprache zu lernen, allerdings konnte ich nicht allzu viel von der tiefgründig philosophischen Fragestellungen der Kunst mitnehmen, da diese professoralen Monologe einen nicht zu vergleichenden Schwierigkeitsgrad haben. Hatte ich also das Gefühl den Alltagsgesprächen folgen zu können, wurde meine Freude darüber in der nächsten Vorlesung sofort wieder gedämpft. Jeder Auslandsstudent bekommt im übrigen 2 Stunden Französischunterricht kostenlos und viele gehen sogar 2-3 mal pro Woche zu Chantal, die den Unterricht in ihrem Haus am Stadtrand gibt.Dadurch lernte ich die Vorzüge des autodidaktisch Arbeitens kennen. Ich sammelte Eindrücke – lief viel durch die Straßen, ging in Bibliotheken, schaute mir Filme an (es lebe der Untertitel) – und war produktiver als je zuvor. Die Stadt schien mir Flügel zu verleihen. Sie war nicht spektakulär, hatte nicht das warme ausgelassene Feierflaire des Südens und doch oder gerade deshalb fühlte ich mich sofort zu hause, die beiden Flüsse -Loire und Erdre – mit ihren Häfen erinnern an die Kieler Förde und auch das Wetter ist durch die Nähe zum Meer dem Kiels nicht unähnlich. Nur dass die ehemalige Hauptstadt der Bretagne viel lebendiger ist, kulturell und menschlich. Den Franzosen haftet etwas unkompliziertes an, was das Leben unerhört leicht erscheinen lässt. Und davon scheinen auch die alten, nicht wie bei uns so oft totsanierten Häuser zu erzählen.Es ist in jeder Hinsicht eine großartige Möglichkeit, eine Weile Frischluft zu schnuppern und einen Blick über den Tellerrand zu riskieren. Hat man einmal die Hürde genommen, sich einer fremden Sprache und Kultur auszusetzen, scheint die Welt nicht mehr unüberschaubar groß aber weiter.
Wer also nicht die kulturelle 180°-Drehung sucht, dem kann ich Frankreich empfehlen. Wer nicht die technisch-fachliche Weiterentwicklung sucht (Freaks, von denen mal lernen kann, gibt es natürlich auch hier) und den Aufenthalt als Inspirationsquelle betrachtet, ist hier genau richtig.
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