„Was willst du denn in Bergen? Du weißt schon, dass das die regenreichste Großstadt Europas ist, oder?“ Danke, ja, weiß ich und ich möchte trotzdem zu diesem anziehenden Fleckchen Erde! Die Natur soll umwerfend sein, die Kunsthochschule dort hat einen guten Ruf und die Stadt selber wird von vielen als die schönste Norwegens bezeichnet.
Gut, ich gebe zu, es hat deutlich mehr geregnet, als ich erwartet habe. Und ich habe nicht nur das verregnetste Frühjahr seit 20 Jahren, sondern gleich zu meiner Ankunft auch den schlimmsten Sturm seit 30 Jahren miterlebt. Dafür ist Kiel für mich jetzt wie die Karibik. Das hat auch seine Vorteile.
Wenn man jetzt mal vom Wetter absieht, war dieses halbe Jahr aber ein voller Erfolg: Wir fangen mal bei der Kunst- og designhøgskolen i Bergen an. Die Uni ist mit ihren 300 Studierenden noch kleiner als die Muthesius. Tatsächlich wirkt sie jedoch größer. Das Gelände ist nämlich über die gesamte Innenstadt verteilt, sodass man schnell den Überblick verliert. Sie verfügt über ein großes Angebot an Werkstätten, Arbeitsräumen (Jeder hat einen Arbeitsplatz!) und Workshops. Ich durfte mir mein halbes Jahr aus allem zusammensuchen: aus der freien Kunst, Textildesign, Industriedesign und natürlich Kommunikationsdesign. Auch wenn ich recht wenig Kontakt mit meinen Tutorinnen hatte, habe ich mich schnell wohl gefühlt an der Uni. Nach und nach lernt man die richtigen Menschen kennen, um sich zurecht zu finden und zum Ende hin habe ich auch zunehmend alle Räume gefunden. Das einzige, was ich wirklich anzumerken habe: Es gibt kein ordentliches Druckzentrum! Ein Hoch auf das in der Muthesius!
In der Zeit an der KhiB habe ich sehr viel gelernt. Besonders meine Arbeitsweise musste sich anpassen. Wir MuthesianerInnen sind es gewohnt, dass man ein Semester Zeit hat für ein Projekt. In Norwegen wird daraus nichts. Ein Kurs dauert ein, zwei Wochen und dann ist er abgeschlossen, genau wie dein Projekt dann abgeschlossen sein sollte. Also nichts mit „Ich denke da noch einmal eine Woche drüber nach“. Es war wirklich spannend und auch sehr hilfreich einmal auf diese Art und Weise zu arbeiten, zumal es ja auch praxisnäher ist. So ist während der fünf Monate tatsächlich eine recht große Bandbreite an Projekten entstanden! Ich habe viel gelernt, und jede Menge guter Impulse gesammelt. Eins meiner Projekte wird mich noch das nächste halbe Jahr beschäftigen und hoffentlich in einer Präsentation in Mumbai enden. Es geht überraschenderweise… um Regen.
Gewohnt habe ich während dieser Zeit in einem hässlichen Betonkasten mit unglaublich vielen anderen Erasmusstudenten. Ich hatte mein kleines Zimmer und eine Nasszelle und habe mir die Küche mit sieben anderen geteilt. Was erstmal vielleicht nicht so verlockend klingt, ist im Nachhinein ein Segen gewesen. Ich habe sofort sehr viele Menschen aus der ganzen Welt kennengelernt und war nie wirklich alleine. Das ist sehr schön und meines Erachtens auch sehr wichtig, wenn man alleine ins Ausland geht. So habe ich auch hauptsächlich mit diesen Leuten meine Freizeit verbracht. Die Norweger selber sind nämlich recht verschlossen. Trotzdem habe ich einige nach ein paar Wochen auch näher kennengelernt und sehr lieb gewonnen. Dazu empfehle ich jedem, sich noch irgendein Hobby zu suchen. Wenn man so wie ich zum Beispiel über die Uni segeln geht, trifft man automatisch Einheimische und kommt leichter in Kontakt. Das war sehr schön.
Das Land Norwegen und die Natur sind natürlich atemberaubend. Ich bin begeistert. Ich habe in einem meinem Leben noch nie so staunend eine Landschaft betrachtet. Immer wieder neu wird man beeindruckt von der Vielfalt und der Einzigartigkeit. Ich war sehr viel wandern und bin durch die Gegend gereist. Eine Erfahrung, die zu Erasmus dazugehört und die ich niemals missen wollen würde. Die Natur Norwegens ist unglaublich.
Insgesamt war das halbe Jahr also wirklich lohnenswert. Man kann sich im Vorhinein gar nicht vorstellen, was alles so passieren wird und sollte deshalb einfach Ja! sagen. Ja! zu neuen Erfahrungen, Menschen und einer neuen Kultur. Ja! zu neuen gestalterischen Impulsen. Ja! zu einem Abenteuer.
- Erasmus in Bergen
Hier noch der Link zu meinem Blog: insaontour.wordpress.com