Meine Entscheidung
Ich wollte schon immer ein Auslandssemester machen. Ich konnte mich nur nicht entscheiden wo und wann. Da ich meinem Abschluss immer näher rückte, informierte ich mich bei Maud Zieschang über Universitäten und Bewerbungen. Meine Entscheidung sollte zwischen Kopenhagen und Lissabon fallen. Da ich Skandinavien wirklich liebe und das skandinavische Design für sich spricht, habe ich mich für Kopenhagen entschieden. Mein Freund studierte derzeit in Lund, Schweden (etwa 45 Minuten Zugfahrt von Kopenhagen), dass gab mir noch einen zusätzlichen Schub an Motivation mich zu bewerben.
Bewerbungen und Vorbereitung
Noch bevor ich mich beworben habe, bin ich nach Kopenhagen gefahren und habe mir die Hochschule und den Campus angesehen, sowie das Stadtzentrum. Mir hat das Flair der Stadt unddie Uni sehr gut gefallen. Diese Erfahrung habe ich in mein Motivationsschreiben einfließen lassen. Mein Portfolio, mein „Letter of Motivation“ und die üblichen Bewerbungsformulare habe ich dann über Maud Zieschang an die „Royal Danish Academy of Fine Arts Copenhagen“ geschickt. Dann hieß es warten und die Gasthochschule hat sich reichlich Zeit gelassen. Nachdem eine Kommilitonin eine Absage erhielt, bangte ich noch mehr, ob ich denn überhaupt einen Platz bekomme. Dann kam die Bestätigung von fernweh Büro, dass ich angenommen bin. Ich war sehr glücklich und aufgeregt. Das Semester in Dänemark fängt zeitiger an, als in Deutschland und so musste ich alle Vorbereitungen in kurzer Zeit treffen. Ich suchte sofortigen Ersatz für mein WG Zimmer, was sich unkomplizierter gestaltet als erwartet. Frau Zieschang half mir bei den Eramus-Antrag und damit war bis auf das Auslandsbafög schon fast alles geregelt. Die letzte Tage vor der Abreise war ich bei meiner Familie. Ich bekam einen Brief mit dem Letter of Acceptance und Informationen zur Hochschule, sowie Datum des Einführungstag und eine Liste mit Zimmern von privaten Anbietern. Leider waren wenig Anbieter der Liste in meinem Budget und eigentlich alle Zimmer schon weg, da ich den Brief erst sehr spät erhalten habe. Ich habe mich dann im Internet über WG-Zimmer informiert und beschlossen es besser vor Ort zu versuchen. Ich buchte einen Flug von Berlin-Schönefeld nach Københavns Lufthavn. Und dann hieß es Koffer packen.
Ankunft in Skandinavien
Mein Freund holte mich vom Flughafen ab und in der ersten Zeit konnte ich bei ihm wohnen. Das bedeutete für mich zwar dass ich zwischen Schweden und Dänemark pendeln musste, aber auch, dass ich mir in Ruhe ein Zimmer suchen konnte. Nach geschlagenen 3 Wochen war es dann soweit, dass ich ein Zimmer gefunden habe. Ich habe zahlreiche Webseiten durch sucht und über 150 Emails geschrieben (irgendwann habe ich aufgehört zu zählen). Und ich bekam genau eine Antwort. Ich habe mir das Zimmer angesehen. Es war zwar etwas teurer, aber man kann in Kopenhagen nicht wählerisch sein. Es war nichtsdestotrotz sehr hübsch und die Lage war auch super. Die Wohnungssuche ist wirklich hart. Ich würde empfehlen sich bei einer der kostenpflichtig Wohnungsportale anzumelden (Abonnement für 1 Tag/3Tag1Woche frei wählbar) und dort „seriös“ ein Zimmer zu finden. Ich glaube es ist die schnellste und unkomplizierteste Methode. Wie genau ich mein Zimmer gefunden habe, kann ich bis heute nicht sagen, da ich nur diese Antwort bekommen habe. Mein Zimmer lag im Stadtteil Østerbro. Ich besorgte mir ein Fahrrad und benötigte etwa 20-30 Minuten mit dem Rad in die Uni. Die ganze Stadt ist voll Fahrräder. Es gibt mehrere Spuren auf der Straße für Fahrradfahrer, extra Ampelphasen und Griffe an Ampeln an denen sich die Radler festhalten konnte. Der Weg zur Uni führte mich durch das schöne Stadtzentrum an vielen Sehenswürdigkeiten vorbei und ich genoss jeden Tag zu radeln.
Sobald man einen Wohnsitz in Kopenhagen hat, muss man sich anmelden. Dann bekommt ihr eine CPR-Nummer. Diese ist äußerst wichtig, man braucht sie so ziemlich für alles. Vom Arztbesuch, Ausleihen eines Buches in der Bibliothek bis zum belegen eines Sprachkurses. Am Einführungstag an der Hochschule sagt die Betreuerin genau wo man hin gehen muss und was
man ausfüllen muss um diese Nummer zu erhalten. An diesem Tag stellen sich außerdem alle Austausch-Studenten einmal vor und man bekommt Informationen zur Hochschule, seinen Studentenausweis, eine interne Email-Adresse und Zugangsdaten für die Computer, eine kleine Führung über den Campus und Infos zum Semester-Ablauf, da dieser anders ist als in Deutschland. Das Semester ist aufgeteilt in Wochen- und Tageskurse, die sich von lang nach kurz staffeln. So hat man am Anfang einen 8 Wochen-, dann einen 4 Wochen-, dann einen 1 Wochen- und zum Ende verschiedene Tageskurse. Am Nachmittag der Einführungsveranstaltung sind wir in Gruppen aufgeteilt worden, je nach Fachrichtung wurden wir in die Fachbereiche geführt. Dort trafen wir unsere Professoren und diese halfen uns Kurse für das Semester auszusuchen. Leider hat man nicht die Möglichkeit aus allen Kursen auszusuchen, da viele schon von den Studierenden vor Ort vor Beginn des Semesters vergriffen waren.
Studium und Gasthochschule
Meine Kurse
Ich habe mich für die Kurse entschieden: „Experimental Exhibition Design“, „3 tektonische Prinzipien“, einen Siebdruck-Kurs, Werkstatt-Kurs (um die Werkstätten nutzen zu dürfen), Selbstformuliertes Projekt, Selbststudium Design Tools. Der Kurs „Experimental Exhibition Design“ hatte mich das gesamte Semester beschäftigt. In diesem Kurs ging es darum Forschungsergebnisse eines internen Instituts der KADK/ DKDS (so wird die Hochschule manchmal abgekürzt) in eine Ausstellung zu bringen und ein Konzept am Ende zu realisieren. Das bedeutet für uns viel Arbeit für 4 Wochen, viele Gespräche, Brainstormings, Kompromisse und vor allem Teamarbeit. Nach dem wir den Kurs abgeschlossen haben, stand es uns frei ob wir die Ausstellung mit realisieren wollen. Ich, sowie zwei andere Studenten, haben die Gelegenheit genutzt um erste Praxis Erfahrung zu machen. Es war eine sehr gute Erfahrung, da alle Gedanken um das Konzept, die Konstruktion, Pläne und Modelle sich gelohnt haben. Wir haben die Ausstellung innerhalb von 3 Wochen organisiert und aufgebaut nach vierwöchiger Planung. Diese Zeit war wirklich sehr stressig und ich hatte kaum Zeit zum schlafen, aber am Ende hat es sich ausgezahlt. Zur feierlichen Eröffnung wurden wir lobend erwähnt in der Rede des Direktors und haben einen Blumenstrauß vor dem öffentlichen Publikum erhalten. Die Ausstellung war dann für 10 Wochen in den Ausstellungsräumen der KADK zu sehen und zugänglich für die Öffentlichkeit, sowie Veranstaltungsort eines Symposium des Instituts CITA. Die anderen Kurse waren auch sehr interessant. In dem Kurs „Drei tektonische Prinzipien“ haben
wir 3 Gebäude in Kopenhagen besucht und analysiert. In meinem Selbst-formuliertem Projekt habe ich mich Zeichen- und Maltechniken gewidmet. In einem Self-Study Kurs habe ich mich mit dem Design Tool Rhinoceros beschäftigt. Allem in Allem war es sehr freies Arbeiten. Am meisten Erfahrung und Spaß hat mir der Ausstellungskurs gebracht.
Die Hochschule
Gut zu erreichen liegt die Hochschule im Herzen von Kopenhagen auf der Insel Holmen. So hatte man von den offen gestalten Ateliers immer einen tollen Blick aufs Meer und die Stadt. Es war eine sehr angenehme Arbeitsumgebung. Die KADK ist wirklich gut ausgestattet, von den Werkstätten bis zur Bibliothek. In der Bibliothek habe ich viel Zeit verbracht und durch die Bücherregale gestöbert. Die Mensa ist auch sehr empfehlenswert, frisch und lecker. Ich war ein bis drei mal die Woche dort essen. Außerdem findet unregelmäßig eine Friday-Bar in der Mensa statt. Bei guter Musik und sehr günstigem Bier konnten die Studenten die Woche ausklingen lassen. Ich fand es gut, dass ich mich mit Studenten austauschen konnte, die nicht in meinem derzeitigen Kurs waren. Einmal die Woche fand ein Dänisch Kurs in der KADK statt. Da ich schon etwas schwedisch kann und die dänische Aussprache etwas schwierig ist, war es sehr gewöhnungsbedürtig dänisch zu lernen. Ich habe dennoch aus Spaß an der Sache versucht es zu Lernen. Ich habe auch viel mehr englisch gesprochen als dänisch, da fast alle Skandinavier sehr gut englisch sprechen können. Der Semester-Ablauf mit Wochenkursen fand ich am Anfang sehr gut, da man sich komplett auf eine Sache konzentrieren konnte. Dennoch muss ich sagen, dass die Projekte teilweise zu kurz angelegt sind. In Kiel haben wir viel mehr Zeit um etwas zu entwickeln und für den Designprozess. In Kopenhagen ging das alles sehr viel schneller, man musste schnelle Entscheidungen treffen und auch in den Präsentationen seine Entscheidungen erläutern. Zu jedem Projekt musste ein Bericht geschrieben werden, für jede Woche eine DIN A4 Seite. Es ging vor allem darum, sich mit der eigene Recherche zum Thema, dem Designprozess auseinanderzusetzen und Selbstreflektion. Der Bericht und ein Vortrag oder Präsentation waren dann Grundlage für das Kolloquium am Ende jedes Projektes. Freizeit und Leben in Kopenhagen Kopenhagen ist ein sehr teures Pflaster. Man muss generell für alles mehr Geld einplanen. Auch Lebensmittel sind viel teurer als in Deutschland. Es gibt aber auch günstigere Supermärkte und viele Flohmärkte in der Stadt bei denen man preisgünstig etwas erwerben kann. Man kann allerhand Dinge unternehmen, je nach Interesse. Ich habe mir oft mein Rad geschnappt und die verschiedenen Stadtteile erkundet. In der Bibliothek kann man sich Architektur-Reiseführer ausleihen und so habe ich regelmäßig verschiedene Touren durch die Stadt unternommen. Das Fahrrad ist die beste Möglichkeit Kopenhagen kennen zu lernen und sobald man sich an die unausgesprochenen Fahrradregeln gewöhnt, hat man das Gefühl man gehört dazu.
Die Stadt ist voller interessanter Geschäfte, Designerläden, Cafés und Restaurants. Im Meatpacking-District (in Vesterbo) und Norrebro kann man ausgehen. Auch kulturell hat Kopenhagen viel zu bieten, es gibt etliche Schauspielhäuser und Theater. Als Student bekommt man sehr günstige Tickets, sogar im Vergleich zu Deutschland. Wenn man abschalten möchte, kann man in einen der vielen Parks oder Gärten gehen oder am Strand auf Amager entspannen. Sehr spannend und das nicht nur für Alternative, ist ein Besuch der Freistadt Christiania. Die Uhren ticken dort etwas anders. Wenn einem trotzdem noch langweilig ist, kann man eins der vielen Museen besuchen. Mit dem Studentenausweis oder an bestimmten Wochentagen sind einige auch kostenlos. Etwas außerhalb am Meer liegt das Museum Louisiana. Es ist sehr zu empfehlen und auch hier kommt man als Student der KADK kostenlos rein. Es gibt sehr viel zu entdecken und je nach Interesse ist für jeden etwas dabei.
Fazit
Zusammenfassend war es eine großartige Erfahrung für mich in einem anderen Land zu studieren und zu leben. Kopenhagen ist eine tolle Stadt mit viel Lebensqualität. Die Hochschule war beeindruckend und ich habe mein Auslandssemester abgeschlossen mit einem anschließendem Skandinavien Roadtrip. Ich nehme viele positive Erfahrungen mit nach Hause. Ich habe viele Leute aus unterschiedlichsten Ländern kennen gelernt und bin glücklich, dass ich ein Auslandssemester gemacht habe.