an der Nordküste an einer archäologischen Ausgrabung für eine Woche mitarbeiten konnte – eine tolle Erfahrung, die an mein Geschichtsstudium, welches ich in Deutschland absolviert habe, anschloss. Es ermöglichte mir zugleich viele interessante Menschen kennenzulernen und zugleich einen Grund zu haben in einem Jahr zurück nach Rennes zu kommen, um dann die Ausstellung mit auf die Beine zu stellen. Anders als in Kiel gibt es nicht eine große Abschlussausstellung, einen Rundgang am Ende des Semesters, denn jeder Studierende muss eine Prüfung „passieren“. Es wird auf diese Prüfung hingearbeitet und die Stimmung wird merklich angespannter in den letzten Wochen im Mai. Ein Grund, weshalb ich Studierenden empfehlen würde im Wintersemester anzukommen, um bis zum Ende in Ruhe arbeiten zu können und Freundschaften zu schließen, zu einem Moment, an dem die französischen Kommilitonen noch mehr Freizeit neben der Uni haben.
Als Erasmus-Student war es nicht obligatorisch, das Semester mit einer Prüfung abzuschließen, ein Gespräch mit den gewählten Professoren, eine Präsentation der Arbeit genügte, während im Kurs Französisch für Ausländer ein Referat gefordert wurde. Ein Kurs, der im übrigen sehr hilfreich war, um Fragen zu klären und fachspezifisches Vokabular zu erlernen.
Die Atmosphäre an der Schule habe ich als sehr angenehm empfunden, die Werkstätten sind gut ausgestattet und die Leitung ist sehr hilfsbereit. Die Bibliothek der Schule ist übersichtlich, aber angenehm zum Stöbern oder Arbeiten am Computer. Die Kantine ist leider nur ein Aufenthaltsraum, jedoch mit einem wunderbaren Kaffeeautomaten, ansonsten gibt es aber auch Kaffee nebenan im Conservatoire (40 ct) – zusammen mit einem „Pudding“, einem Kuchen, der sich wie bei uns die Rumkugeln aus den Resten vom Vortag zusammensetzt, der Boulangerie Hoche (nur 1,50 € !) eineperfekte Arbeitspause! Durch die zentrale Lage der Schule befinden sich eine Vielzahlvon Läden, Restaurants und Cafés um die Schule herum, sodass auch mittags häufig zusammen mit Kommilitoninnen im Innenhof der Schule oder nah bei gegessen werden kann, während es donnerstags sogar einen kleinen Markt auf dem Place Hoche gleich nebenan gibt und der Park Thabor auch nur wenige Gehminuten entfernt ist und wirklich, wirklich wunderbar zum Verweilen einlädt!
Der Austausch mit den Professoren war sehr freundlich, wobei es mir sehr geholfen hat, dass ich bereits Französisch vor meiner Ankunft sprechen konnte. Auch wenn ein Austausch auf Englisch möglich gewesen wäre, erleichtert es die Kommunikation doch erheblich. Auch die Studierenden sind erleichtert, wenn sie auf Englisch weitestgehend verzichten können! Sie waren alle hilfsbereit und interessiert, auch gefördert durch dieüberschaubare Grüße der Schule (ca. 140 Studierende), was das Verhältnis sehr persönlich macht, sodass die wenigen Erasmus-Studierenden, die kommen, dann auch auffallen. Für mich war das toll, so war ich ermutigt, mich voll ins Französische zu begeben!
Es hat sich für mich nicht nur sprachlich, sondern auch künstlerisch etwas bewegt. Die Erfahrung an einer anderen Kunsthochschule zu sein, Einblick in die französische Kunstwelt zu erhalten, sowie einer anderen Kultur, Sprache und Mentalität zu begegnen und so in einem fremdem Umfeld zu arbeiten, erweiterten meine Idee von dem, was Kunst ausfüllen kann. Und zugleich bewegte mich mein Aufenthalt dazu, aus der eigenen Komfortzoneauszutreten und meinen Blickwinkel zu erweitern.
Es fällt schnell auf, dass Rennes eine unglaublich dynamische, junge und lebendige Stadt ist. Es gibt kaum ein Wochenende ohne Spektakel und kaum einen Abend, an dem man kein Gratis-Konzert in einer der Bars erwischen kann. Wer auf der Suche nach Techno-Abenden ist, wird hier kaum fündig, dafür ist die Tradition von Rennes als Stadt der Musik dennoch in ganz Frankreich ein Begriff, was nicht zuletzt an den vielen Festivals und der Musik- und Tanzhochschule mit gutem Ruf liegen mag.
Geht man abends durch die Kopfsteinpflasterstraßen tummeln sich die Menschen in den Bars und Cafés, von denen eins an das andere gereiht ist. In einer Statistik habe ich gelesen, dass 30 % der Bevölkerung unter 35 Jahre alt sind – das macht sich deutlich im Stadtbild bemerkbar.
Ein französischer Wochenmarkt an sich ist immer ein Besuch wert und in Rennes, wie mir schnell bewusst wurde, sogar ein Volksfestartiges Muss! Jeden Samstag auf dem Place des Lices findet der größte Markt Frankreichs, der ausschließlich Lebensmittel anbietet, statt. Dieser Markt wird mir sehr fehlen, und der wöchentliche Einkauf von Gemüse für schlappe 4€ ist einfach grandios! (Wichtig dabei ist, das Gemüse unten auf dem Platz und das Obst eher oben zu kaufen, um die günstigen Preise zu erhalten.) Aber allein das Schlendern, Schauen, die Musik, das rege Treiben, die Blumen und Kakteen, der Kaffee (ein Kaffeestand verkauft sehr guten, frisch gemahlenen Kaffee für 2,80 die Tüte!), die Markthallen – all das ist der wöchentliche Besuch allein schon wert!
Für die Kunst gibt es mehrere Anlaufstellen, wobei mir besonders die Frac, ein Museum zeitgenössischer Kunst, die Criée und die Galerie Cube 40Quadratmeter besonders gefallen haben. Aber auch das Musée des Beaux-Arts de Rennes ist einen Besuch wert und im Phakt sowie der großen Mediathek den Champs libres lassen sich spannendeVeranstaltungen besuchen.
Zuletzt möchte ich jedem ans Herzlegen auch außerhalb von Rennes (derStadt, die ich zum Studieren wirklichperfekt finde, weil sie genau richtiggroß und genau richtig schön undgenau die richtigen Leute anzieht)Ausflüge zu unternehmen. Ich habemir über Le Bon Coin ein Radgemietet, um so über zwei Wochen dieKüste der Bretagne zu bereisen. Übermeine Kontakte und Freundes-Freunde sowie die App Warmshowersund Couchsurfing wurde es zu einerunvergesslichen Tour. Die berührende Warmherzigkeit und Gastfreundlichkeit derBretonInnen, die Landschaft von weiten Sandstränden, grünen Flussläufen undNaturoasen über felsige Küsten mit hügeligem Hinterland, prähistorischen Steinfeldernund verschlafenen Fischerdörfern hat die Bretagne wirklich viel zu bieten, sodass vierMonate sehr schnell zu kurz werden können!