Sommersemester in Wien
Bewerbung
Für die Bewerbung musste ich ein Portfolio anfertigen und ein Motivationsschreiben verfassen. Ich habe mir vorher sehr gründlich überlegt und nachgelesen bei welchem Professor ich studieren wollte, was ich jedem sehr ans Herz legen kann. Die Antwort auf meine Bewerbung in der Klasse der Abstrakten Malerei unter Erwin Bohatsch habe ich innerhalb weniger Tage bekommen, was mich sehr positiv überrascht hat.
Unterkunft
Die Suche nach einer Unterkunft hat sich als relativ schwierig herausgestellt. Da ich meinen Hund mitgenommen habe, hat sich meine Suche dadurch extrem erschwert. Ich habe auf ungefähr 200 Wohnungsanzeigen reagiert. Auf meine Gesuche wurde mir nie geantwortet ( auch nicht beim Akademieserver in Wien). Glücklicherweise habe ich in letzter Sekunde noch ein tolles Zimmer im 8. Bezirk gefunden. Die Mietpreise sind um einiges höher als in Kiel, man muss für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft eine Warmmiete von mindestens 350-400 Euro kalkulieren. Ich hatte Glück und konnte ein Zimmer für 330 Euro finden.
Die Stadt
Wien hat wirklich eine unglaublich beeindruckende Atmosphäre. Man ist geradezu überwältigt von der Architektur und der sichtbaren Geschichte einer Stadt von Monarchen und Adeligen. In der Kunstszene passiert auch so einiges. Man kann fast täglich auf Ausstellungseröffnungen gehen bzw. sich die großen Meister in der Albertina oder im Kunsthistorischen Museum anschauen. Jedoch sind die Preise trotz Studentenermäßigung sehr hoch. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind sehr gut vernetzt aber ich bevorzuge doch das Fahrrad oder den Fußweg. Man mag es kaum glauben, aber in Wien ist man doch am besten und meistens auch am schnellsten zu Fuß unterwegs. Vor allem sind die Bezirke in denen ich mich viel bewegt habe (8. , 7. und 6. Bezirk), angenehm und wirklich schön zum Wohnen – die Akademie war auch nicht weit. In Wien gibt es eine sehr ausgeprägte Bar- und Kaffeekultur, wobei man auch hier bedenken muss,
dass die Preise doch relativ hoch sind ( ein großes Bier kostet knapp 4 Euro ). Die Stadt ist sehr international und wenn man mal auf einen echten Wiener trifft, dann spürt man den berühmten Wiener ‚Schmäh‘ sofort.
Akademie
Die Akademie ist ein wunderschöner Altbau im 1. Bezirk, wobei sich das Hauptgebäude am Schillerplatz befindet. Da ich in der abstrakten Malereiklasse studiert habe, konnte ich mich am
Schillerplatz einquartieren. Darüber hinaus gibt es noch drei weitere Gebäude. Das Gebäude am Schillerplatz ist auch der Hauptsitz der Verwaltung und fast alle Vorlesungen finden dort statt. Man kann sich relativ schnell zurecht finden. Außerdem haben alle Studenten jederzeit Zutritt zum Gebäude. Man kann sich den Schlüssel zu den jeweiligen Ateliers beim Portier gegen seinen Studentenausweis tauschen. Für Kurse meldet man sich in einem Onlineserver an und registriert sich für die verschiedenen Seminare und Vorlesungen. Der Server war sehr leicht zu bedienen, wenn man erst einen Überblick gewonnen hat. Die Vielfalt der Vorlesungen und Seminare ist wirklich erstaunlich. Es gibt die Möglichkeit in einem großen Zeichensaal jeden Tag ein Kurs zum Aktzeichnen zu belegen oder im pathologischen Institut der Universität anatomisches Zeichnen zu üben. Der Austausch der verschiedenen Institute in Wien ist sehr gut, man kann sich selbst Kurse von der Universität Wien oder der Hochschule für angewandte Kunst anrechnen lassen. Es herrscht, wie fast in jeder Akademie, akuter Platzmangel. Vor allem die Erasmus-Studenten
haben nicht einen Anspruch auf einen guten Arbeitsplatz, sondern bekommen meist den letzten freien Platz zugeschrieben. Ich empfand die Klassengemeinschaft als sehr angenehm und hatte
keine Probleme mich zu integrieren.
Freizeit und Kosten
Wie schon erwähnt bietet Wien einiges an Möglichkeiten seine Freizeit zu gestalten, jedoch hat auch alles seinen Preis. Eine Nacht zu feiern kann locker mal mit 30-40 Euro kosten, jedoch ist man hier nicht der einzige Student und man lernt schnell ein paar Kniffe und Tricks, um sich das Leben etwas günstiger zu gestalten.
Es gibt in Wien kaum Fahrradwege und die Autofahrer sind auch nicht sehr tolerant, jedoch sind die öffentlichen Verkehrsmittel sehr teuer ( eine Fahrt 2,20 und eine Semesterkarte kostet 150 Euro für 4 Monate). Aber es gibt hier auch die Möglichkeit sich ein City-Bike zu mieten. Es gibt vor allem in den Sommermonaten unglaublich viele Aktivitäten, die angeboten werden. Sowohl Konzerte als auch Festivals finden an öffentlichen Plätzen kostenlos statt. Die Donau kann zwar die schöne Ostsee nicht überbieten, jedoch kann man sich an heißen Tagen
schnell mal abkühlen. Man kann sich die teuren Eintrittspreise der Museen ersparen, wenn man sie zu den
Ausstellungseröffnungen besucht. Alles in Allem hat Wien eine sehr hohe Lebensqualität.
Negatives
Was in Wien extrem auffällt ist die Polizeidichte und somit auch Überwachung. Man kann kaum zwei Schritte aus dem Haus gehen, ohne einen Polizeiwagen an sich vorbeifahren zu sehen. Alles ist hier extrem bürokratisch und man wird tausendfach kontrolliert. Ich habe diese ständige Überwachung als sehr unangenehm empfunden. Das Leben in Wien ist ziemlich teuer. Vor allem bei Lebensmitteln und Drogerieprodukten merkt man einen großen Unterschied . Ich hatte zum Glück einiges an Erspartem, da man allein mit Bafoeg
und Ersamusgeld leider nicht auskommt.
Ausland mit Hund
Vielleicht ist es noch interessant, dass ich über mein Jahr in Wien immer meinen Hund dabei hatte. Natürlich ist ein Auslandsstudium mit Hund doch um einiges komplizierter, aber es ist nicht unmöglich. Ich würde Wien nicht unbedingt als Hundeparadies bezeichnen aber man findet schon Mittel und Wege es sich mit dem Tier angenehm zu gestalten. Vorallemin der Innenstadt hat Wien kaum Grünflächen, es ist buchstäblich zu betoniert. Außerdem gibt es in jedem zweiten Park Hundeverbote, sowie in allen öffentlichen Gebäuden. Aber mit einer Sondergenehmigung konnte ich meinen Hund mit in die Akademie nehmen.
Fazit
Ich bereue keine Sekunde ein Jahr im Ausland verbracht zu haben. Natürlich gibt es immer wieder Rückschläge, aber die Zeit hat mir unglaublick viel Spaß gemacht und mich viel über mich und meine künstlerische Entwicklung lernen lassen. Sowohl menschlich, als auch künstlerisch habe ich mich also weiterentwickelt.
Ich würde jedem empfehlen, die Chance auf ein Auslandsstudium auf jeden Fall wahrzunehmen, da man sehr viele neue Freunde finden kann und es sie beste Möglichkeit ist, sich aus der „Comfort Zone“ zu bewegen und viel über sich und andere Länder zu lernen und zu verstehen.