Vorbereitung
Die Planung meines Aufenthalts überraschend einfach und übersichtlich. Anstatt mich mit Unterlagen und Telefonaten zu quälen, brauchte ich nur beim fernweh-Büro meinen Wunsch zu äußern ins Ausland zu gehen, die Entscheidung treffen wohin es gehen soll und ein Portfolio meiner Arbeiten zu erstellen. Um alles andere kümmerte sich Frau Zieschang, dir mir auch alle weiteren Fragen beantworten konnte. Da ich bis dahin noch kein Portfolio hatte, wurde dieses dann auch sehr schlicht und eher eine Sammlung des Best-ofs meiner bisherigen Arbeiten, weniger ist dann oftmals mehr und man sollte sich nur für die wirklich guten Dinge entscheiden. Empfehlenswert ist es, neben dem Lesen anderer Erfahrungsberichte, einen Sprachkurs zu belegen soweit man der anderen Sprache noch gar nicht mächtig ist. In Spanien kommt man selten mit Englisch weiter. Ein kostenloser Anfänger-Sprachkurs wird an der Universität zu Kiel angeboten, der aber nur jedes zweite Semester stattfindet. Der Andere, in den Semestern dazwischen, ist zwar auch für Mittelstufe sehr einfach, doch wer keine Kenntnisse hat, kommt dort einfach nicht mit. Für die Gratisvariante sollte man sich also schon eher erkundigen.
Unterkunft
Die Zimmersuche ist ebenfalls sehr unkompliziert, soweit man weiß was man will. Man bekommt hier eine Liste an Möglichkeiten von der Gasthochschule zugesandt, wie zum Beispiel die Studentenwohnheime, die jedoch unbezahlbar sind. Am besten nutzt man gleich die Chance sobald man die Mail-Adressen aller anderen Gaststudenten hat und versucht zusammen etwas zu finden. Es wurde direkt eine Facebook-Gruppe gegründet, in der sich alle zusammengefunden haben. Mir war es wichtig, mit anderen spanischen Studenten zu leben, um so besser rein zu kommen und die Sprache schneller zu lernen.Dafür habe ich auf der gebührenpflichtigen Plattform easypiso.es gesucht und bin bei einem Abzocker gelandet, der sich was dazu verdienen wollte. So kam es aber, nachdem ich in der Schule schon ein paar Leute kennengelernt habe, dass ich mit einer Kommilitonin zusammenziehen konnte.Für 200 Euro bzw. 230 Euro warm kann man schon etwas angemessenes finden, teilweise auch günstiger. Viele haben es auch so gemacht, dass sie sich erst ein Hostel gesucht und sich dann die schon vorher ausgepickten Zimmer angeschaut haben.
Studium an der Gasthochschule
Was einen in den ersten Wochen auffällt, sind die Dinge, die einem fehlen und scheinbar alle an der Gasthochschule falsch, komplizierter, oder gar nicht gemacht werden. An der Muthesius studiere ich das Fach Kommunikationsdesign, in Logroño an der ESDIR wird dafür der Studiengang Grafikdesign belegt. Dass dort die Fotografie, interaktiven Medien oder Film nicht in dem Maße unterrichtet werden kann, wie bei uns, ist nachzuvollziehen. Was Grafikdesign betrifft, fühlte ich mich eher unerfahren, wogegen einheimische Studenten wie Profis ihre Arbeiten aus dem Ärmel schüttelten. Im Semester stehen zwei bis drei umfangreiche Projekte an. Zudem soll zu jeder Arbeit auch ein Bericht erstellt werden, der den gesamten Arbeitsprozess detailliert dokumentiert. Ein zu-spät-kommen gibt es leider nicht, wer zwei Stunden nach Präsentationsbeginn noch rein platzt, um abzuliefern, kann von Glück reden, wenn die Prüfung nicht nachgeholt werden muss. Eine Abgabe aufzuschieben ist so gut wie unmöglich. Schriftlichen Prüfungen werden auf spanisch abgelegt. Am besten gefielen mir die Typographieprojekte aus dem dritten Jahr. Sie sind experimentell und ausgefallen. Man kann sich handwerklich auslassen, rumbasteln, experimentieren und kommt mal in die anderen Werkstätten ohne ausschließlich vor dem Rechner zu hocken. Am meisten lernt man jedoch nicht von den Profs sondern, von allen anderen Studenten. Durch das wahnsinnige Arbeitstempo bleibt nicht viel Zeit, um sich lange sich dem kreativen Part der Arbeit zu widmen. Man muss schnell seine Lösung finden, um die dann möglichst zeitnah umzusetzen. Dadurch, dass es auch an der Schule üblich ist, immer und zu jeder Arbeit eine ‚Inspiration‘ zu haben und sich an bekannten Designern oder am aktuellen Trend zu orientieren, war der Stil in der Klasse sehr einheitlich, zwar sauber, modern, poppig und einfach zu fassen, doch mit wenig Aussage. Es gelang mir nicht wie bei allen Arbeiten der ERASMUS-Studenten eine persönliche Handschrift zu finden, die sich auch eigentlich erst richtig entfalten kann, wenn man dem kreativen Part mehr Zeit gibt. Die Lehrer wurden alle geduzt. Sie sind alle sehr liebenswürdig und teilweise überraschend jung. Einige machten einen sehr kompetenten Eindruck, andere leider auch weniger. Vor der Siesta (14:30 Uhr) enden alle Vorlesungen, danach ist die Schule Mo-Fr bis 20 Uhr geöffnet. Um in die Räume zu gelangen, kann man sich einen Schlüssel beim Türwart abholen. In Fachräume gelangt man nachmittags nur über Absprache gemeinsam mit dem Prof, der die Zeit vor Ort absitzt oder einem auch mal unter die Arme greift. Material zu borgen oder Equipment auszuleihen, ist auch eine komplizierte Sache. Eine verbrauchte Fotokamera wird ausnahmsweise per Handschlag für einen Nachmittag verliehen, wenn man sie am nächsten Tag wieder mitbringen kann – nicht übers Wochenende oder Feiertage. Kopien bezahlt man im Shop nebenan.
Freizeit
In der Freizeit blieben die ERAMUS-Studenten fast unter sich, nur die wenigsten Spanier hatten nach vier Wochen noch Muße sich mit uns zu verabreden. Das ist wie bei uns im Norden mit den Fischköppen. Es gibt viele Stadtfeste und einige Demos. In den Tanzbars und Kneipen ist immer was los. In der Calle Laurell trifft man sich zum Pincho-Marathon. Es gibt ein Sportzentrum mit Schwimmbad bei dem man sich für ca. 10 Euro monatlich anmelden kann. Für einmalig 10 Euro kann man sich auf unbegrenzte Zeit ein Fahrrad von der Stadt ausleihen. Es lohnt sich auch mal raus zukommen die Umgebung und andere Städte zu bereisen, ob gleich um die Ecke nach in den wunderschönen Park „Bardenas Reales De Navarra“ oder Pamplona, oder schon ein bisschen weiter nach Bilbao, San Sebastian, Santander, Zaragoza, Barcelona und Madrid. Es lässt sich übrigens im Frühling nicht nur gut Surfen, sondern im Winter auch gut Snowboarden. Im Herbst zur Erntezeit sollte man unbedingt auch mal eine Bodega besuchen.
Fazit
Für mich hat es ich in jeder Hinsicht gelohnt, ich hab Vieles mitgenommen und ich würde es jedem empfehlen, der ein wenig Fernweh verspürt. Soviel bekommt man selten geschenkt.