Die Idee ein Auslandssemester zu machen, trug ich schon lange in meinem Kopf herum. Und dann habe ich mich in Gdansk/Polen, beworben.
Ich habe mich dort beworben, aus meinem Interesse an Druckgrafik und um dem schwierigen deutsch-polnischen Verhältnis auf den Grund zu gehen. Außerdem empfand ich es als eine spannende Herausforderung, den kalten düsteren Winter in einer fremden Stadt zu erleben.
Die Planung und das Bewerbungsverfahren verliefen sehr unkompliziert.
Bei der Organisation, sowie bei der Korrespondenz mit Danzig, hat mir Maud Zieschang vom „fernweh“-Büro der Muthesius Kunsthochschule sehr geholfen.
Kurz nachdem mein Portfolio in Danzig eingegangen war, bekam ich die Zusage zum 1.10. 2010 an der Akademia Sztuk Pieknych w Gdansku studieren zu können.
Da ich vorher noch nicht in Danzig, bzw. in Polen gewesen bin, habe ich mich entschieden, bereits im September anzureisen und mich einzugewöhnen.
Darum habe ich mir zuerst eine private Unterkunft gesucht (was sich als nicht einfach erwies) und habe die Stadt erkundet, später bin ich für eine Woche in die Masuren gereist und habe den Frühherbst genossen, um anschließend das Studium zu beginnen und in das Studentenwohnheim in der Ulica Chlebnicka zu ziehen.Die Akademie und das Studentenwohnheim sind fußläufig zu erreichen und befinden sich in der von außen unglaublich gut restaurierten und schönen Altstadt von Danzig. Beide Schulgebäude werden momentan restauriert und renoviert. Deswegen wurden alle Erasmusstudenten/innen getrennt von den polnischen Studenten/innen in einem separaten Flur im Studentenwohnheim untergebracht.
Wir bekamen Einzel- oder Doppelzimmer, hatten ein Gemeinschaftsbad, Internetzugang, konnten aber leider nur die Küche in einem anderen Teil des Gebäudes nutzen.
Zu Beginn des Semesters gab es eine Einführungstour durch die Schule und später eine Willkommensparty mit allen Erasmusleuten von Gdansk (circa 500) des Semesters.
Insgesamt waren wir 6 Studierende aus dem Ausland an der Akademie der Künste. Drei aus Spanien, Zwei aus der Türkei und ich aus Deutschland.
Die von mir in Deutschland ausgewählten Kurse wurden vor Ort aufeinander abgestimmt und angepasst. Als Erasmusstudentin konnte ich Fächer aus unterschiedlichen Departements wählen. So belegte ich Kurse im Bereich der Druckgrafik, der Malerei und der Bildhauerei. Sowie einen Sprachkurs der von der Universität Danzig in Sopot angeboten wurde.Die Werkstätten und Ateliers konnte ich ganztägig besuchen und die Medienwerkstatt durfte ich sogar am Wochenende nutzen.
Die technische und mediale Ausrüstung der Schule ist weniger gut als in Deutschland, dadurch habe ich aber gelernt zu improvisieren und mit den gegebenen Möglichkeiten zu spielen.
Die Ausstattung, sowie das know-how der Lehrenden, in den Grafikwerkstätten ist umso besser.
Alle Lehrveranstaltungen werden von einem Professor, und mindestens einem/r Assistent/in unterrichtet.
Die Kommunikation fand zumeist in Englisch statt, manchmal mit Hilfe von Studenierenden und teilweise sogar auf Deutsch, trotz meiner erlernten Polnischkenntnisse. Dennoch gefiel es mir und den Polen, dass ich ein wenig verstehen und sprechen konnte.
Am meisten gefiel mir der Unterricht in den Glaswerkstätten bei Prof. Zdibel, vielleicht weil wir solch eine Einrichtung in Kiel nicht haben, und ich zum ersten Mal mit dem Medium Glas arbeiten konnte, aber wahrscheinlich auch, weil mir die Atmosphäre und die Technik sehr zusagten.
Zum Semester Ende musste ich in jedem Fach zwei Projekte oder Arbeiten dem Professor präsentieren. Im Zeichenstudium weitaus mehr Arbeiten und vor allem hier konnte ich mit meinen freien Zeichnungen punkten.
Der Kontakt zu anderen Studenten kam durch gemeinsame Veranstaltungen und natürlich auch durch die Freizeitgestaltung zustande.
Im Allgemeinen kann ich es wirklich nur weiterempfehlen, ein Auslandssemester zu machen, besser noch, ein Auslandsjahr, denn gerade als ich mich richtig eingelebt hatte, war es auch schon wieder vorbei. Dennoch traf ich nette und interessante Menschen, wurde sensibilisiert für eine andere Kultur, gerade als Deutsche, und mein Horizont wurde erweitert, akademisch und menschlich.
Zum Schluss bin ich noch mit einer Studentin in den Süden Polens gereist, in die Tatra. Auf dem Weg dorthin waren wir in Krakau, Kattowitz und Auschwitz.
Nadine Braun, Kiel, Mai 2011