
Maumaus. Campo Mártires da Pátria. Der Platz der Märtyrer des Vaterlandes. Gerade hier treffen wir uns Tag für Tag. Bei schönem Wetter draußen im Park, zwischen Enten und der Fruit-Fly. Dem Wagon Imbiss, der uns mit Café versorgt.
Märtyrer. Patriotismus. Gibt es einen größeren Gegensatz zu Maumaus? Hier wo sich die meisten Dozenten als „Lefties“ verstehen. Links. Die Diskussion wenn auch über Umwege immer wieder zu Machtstrukturen findet. Den Strukturen, innerhalb der wir uns bewegen. Wie wir uns positionieren, wie diese Positionen sich verändern können und wie sich auch Blickwinkel verschieben, überlagern und aber auch verfestigen.
Wir sitzen zusammen im kleinen aber feinen Seminarraum. Wir tauschen Woche für Woche Gedanken aus, zu Texten, die wir lesen, Filmen die wir gemeinsam schauen, Ausstellungen, die gerade in der Stadt laufen. Den Wandel der Stadt, Gentrifizierung, Kommerzialisierung des Kunstmarktes. Philosophie heute und vor 100 Jahren.
Wie kann ich in wenigen Zeilen dem Programm, das wir in der Maumaus durchlaufen haben, gerecht werden?
Wie in diesen Worten schwarz auf weiß Aussagen treffen, über Gedanken, diffuse Ideen und Konzepte, die sich nach und nach bilden, neuordnen, neuformieren. Wo es doch scheinbar gerade darum geht, Gedankenmöglichkeiten offen zu halten. Möglichkeiten des Denkens, sich nicht für eine klare Position zu entscheiden, sondern eher die eigene Position zu hinterfragen. Mit fundierten Argumenten das Fundament ausheben. Sozusagen.
Wir sind eine Gruppe von 14 Leuten. Die sich beworben haben für dieses unabhängige Studienprogramm. Mit den eigenen Vorstellungen davon was sie hier erwarten würde. Viele kennen jemanden, der schon einmal an der Maumaus war. Es wird sich erzählt über Erfahrungen. Mit den anderen Teilnehmern, die hier bewusst nicht „Studierende“ genannt werden. Mit den Dozierenden. Sie kommen aus „aller Welt“, leben international, unterrichten an Universitäten in den USA, Belgien, Schweden. Sie haben ihre eigenen Ideen im Gepäck. Forschungsprojekte. Didaktische Verfahrensweisen. Einige kommen ohne offensichtlichen Stundenplan, es ergibt sich dynamisch wie wir gemeinsam die Woche gestalten. Andere haben ein Programm ausgearbeitet, wir lesen gemeinsam Texte und gehen diese strukturiert durch. Es werden Erfahrungen und Gedanken geteilt. Ideen und neue Konzepte erarbeitet. Anthropologie, Soziologie, Performance Künstler, Philosophie, Medienforschung, Photographie, Geographie, Kultur, Politik, Kunstgeschichte, Kunstkritik – das Praxisfeld der Dozenten ist weit.
Gegen Ende des Programms sagt eine meiner Kolleginnen „Langsam langsam erkenne ich eine Idee hinter all dem.“ Man könnte das Gefühl bekommen, dass hinter den Seminaren, dem Aufbau, wie sie miteinander in Beziehung stehen, ein Plan liegt, eine Idee. Ein Konzept, das jedem Einzelnen und der Gruppe zusammen dabei hilft, sich selber zu orientieren. Dieser Prozess scheint nicht greifbar zu sein. Und auch jetzt, ein paar Wochen nachdem das Programm zu Ende ist, merke ich, wie sich im Hintergrund etwas tut.
Maumaus macht Lust auf mehr, mehr studieren, mehr lernen, mehr lesen, mehr praktizieren, und am liebsten direkt nächstes Jahr wieder kommen. Nach Lissabon. Mit einer anderen Vorstellung von der Stadt, von dem Studienprogramm und sich selbst, um weiter zu erforschen, was da alles zu entdecken ist.