Ein Semester in Groningen
Alexandra Haase, BA KODe, WS 2011/12
„Ich möchte ein Auslandsemester machen.“ Das habe ich mir schon sehr früh überlegt. Ende des zweiten Semesters vertiefte ich mein Vorhaben, da ich im vierten Semester schon im Ausland sein wollte und noch viel zu organisieren war.
Da meine einzige Fremdsprache Englisch ist, war die Auswahl an Ländern groß in denen ich die Sprache nicht kann. Also warum nicht ein Land nehmen, mit unserer Sprache so gar nicht verwandt?
Vorbereitungen
Der erste Schritt war getan, ich hatte mir im Internet die Partnerhochschulen angeschaut und mir einen Favorit heraus gesucht. Island, ich wollte nach Island. Ich hatte zwar auf der Homepage nicht viel über das wirkliche Studienangebot raus finden können, war aber begeistert von dem Land. Im Fernweh Büro erfuhr ich jedoch leider dass noch jemand außer mir dort hin wolle und meine Chancen sehr schlecht standen, da allgemein nur 1-2 Erasmusler überhaupt dort angenommen werden pro Semester. Also suchte ich mir eine Zweitwahl. Diesmal ging ich etwas anders vor. Natürlich hatte die Auswahl die ich hatte, diesmal mehr mit den freien Plätzen an den Partnerhochschulen zu tun.
Von vielen Seiten habe ich mitbekommen, dass Holland in Sachen Design sehr interessant sein soll.
Mit dem Hintergrundwissen, dass zu Renaissancezeiten die Malerei aus den Niederlanden revolutionär war, hatte ich einen kreativen Grundeindruck des Landes.
Meine Sprachidee soweit entwickelt, dass ich dachte, weil niederländisch so extrem verwandt ist mit der deutschen Sprache, dass es spannend wäre die Sprache dort zu lernen.
Schritt zwei stand nun an. Die Bewerbung schreiben und ein Portfolio erstellen.
Gefühlt war ich etwas überfordert dies völlig allein zu erledigen, ohne jemanden der mehr Ahnung von offiziellen C.V. hat, einem Motivationsschreiben und was wichtig bei einem Portfolio ist.
Glück hatte ich, da ein guter Freund von mir an der CAU gerade einen Kurs absolvierte in welchem man das Schreiben eines Curriculum Vitae lernt. Von ihm bekam ich Material, wie man einen internationalen Lebenslauf nach Oxford Standard anfertigt.
Via Internet nahm ich Kontakt auf zu einem Muthesianer der gerade in Reykjavik sein Auslandssemester erlebte. Dieser gab mir nicht nur etwas Auskunft über die Hochschule dort, sondern auch sehr freundlich ein paar Tipps für mein Motivationsschreiben.
Mit meinem Portfolio habe ich mich sehr schwer getan. Auf Anfrage haben zwei Dozentinnen mir angeboten bei der Auswahl zu helfen, was einfach nur großartig war! Zudem haben sie mir noch ein paar Tipps zur Gestaltung meines Portfolios gegeben. Alleine wäre ich ziemlich verzweifelt, ohne die Hilfe dieser netten Mitmenschen.
Ende März/Anfang April wurden alle meine Sachen abgeschickt.
Der dritte Schritt beinhaltete eine Absage Islands und eine Zusage Hollands, genauer aus Groningen. Ich stand dem ganzen mit gemischten Gefühlen gegenüber, freute mich aber dennoch sehr über die eine Zusage!
Mittlerweile war es mitten im Semester, ich begann mir ein Zimmer in Groningen zu suchen und gleichzeitig einen Untermieter für mein Zimmer. Durch das Internet hat das alles sehr gut geklappt und ich hab sogar ein möbliertes Zimmer zur Untermiete in einer netten holländischen Mädchen WG gefunden, mit bezahlbarer Miete. Traumhaft! Ich musste nur zum Unterschreiben des Mietvertrages einmal dorthin fahren, und lernte auch gleiche die erste Mitbewohnerin kennen.
Sprachkurs
Zudem habe ich den Hinweis vom Fernwehbüro bekommen, dass es extra Erasmussprachkurse (EILC) gibt, auf die man sich bewerben kann. Das tat ich, und bekam auch einen Platz.
Zwischen Semester Ende in Kiel, Sprachkurs und Semesterbeginn in Groningen waren jeweils ca. 5 Tage, Ferien gab es also nicht wirklich aber immerhin genug Zeit um in Ruhe Umzuziehen.
Der Kurs hat 4 Wochen gedauert und war in einem Vorort von Amsterdam gelegen. Jeden Freitag haben wir eine Exkursion gemacht um so die holländische Kultur kennen zu lernen. Dies war eine super Ergänzung, da man alleine doch eher selten in Historie Museen geht oder das Parlament in Den Haag besucht, und war zum Großteil auch sehr spannend sowie unterhaltsam.
Die andern Teilnehmer des Kurses waren alle internationalen Erasmusstudenten aus verschiedensten Fachbereichen. Der Großteil von uns hat in der von der summerschool vorgeschlagenen Unterkunft gewohnt wodurch man sich sehr schnell und gut kennen gelernt hat.
Nicht nur Kontakte auch gute Freundschaften sind entstanden, welche eine traumhafte Grundlage für späteres Reisen durch Holland waren.
Uni
In Groningen angekommen ging es nach ein paar Einlebungstagen direkt mit Willkommensveranstaltungen los. Eines Morgens stieg ich auf mein neues, gebraucht erworbenes, Fahrrad und radelte meinen von nun an täglichen Weg entlang der Grachten in die Stadtmitte, zur Minerva.
Die Kunsthochschule Minerva, welche mehr oder weniger eine Fakultät der Hanze Hochschule ist, hatte einen Begrüßungsvormittag für uns ca. 12 Erasmusstudenten organisiert. Am nächsten Tag gab es noch eine Veranstaltung für alle 1.Semestler und Erasmusleute von der gesamten Hanze Universiteit.
Wir bekamen eine kleine Führung, unter anderem um zu wissen wo unsere Kurse in der folgenden Woche stattfinden werden. Später bekamen wir eine Email mit weiteren Infos, wann wir zu welchem Kurs müssen, leider ohne irgendeine Auswahlmöglichkeit für die Hauptprojekte. Anfangs war ich sehr irritiert davon, aber es ist dort die Regel, dass das gesamte Semester die gleichen Kurse inklusive Hauptprojekte hat. Es erwarteten mich also ein Grafik Design und ein Interactive Design Kurs, mit jeweils 5 Credits, als Hauptprojekte, und ein Typographie Kurs mit 4 Credits. Dazu musste man noch ein Wahlpflichtwach wählen, welches jedoch nur das halbe Semester geht und es wurden verschiedene kleine vierwöchige Technikkurse angeboten wie Siebdruck, Bleibuchstabensetzten oder Fotogafie (SW-Dunkelkammer).
Im groben kann man schon davon sprechen, dass die Unterrichtsart ähnlich zu dem ist was man aus Norddeutschland schon kennt. Es ist immer und überall sehr von der Lehrkraft selbst abhängig wie die Aufgaben und der Unterricht gestaltet sind. Persönlich hat mir nicht nur die Abwechslung der Dozenten gut getan, sondern auch die Art und Weise der Kritikgabe. Diese richtete sich nämlich nicht auf die persönliche Meinung der Dozenten über mein Projekt sondern gab mir starken Anstoß selbst meine Arbeiten zu hinterfragen und von meinem Standpunkt heraus zu verbessern.
Freizeit
Das Sportangebot in Groningen ist hervorragend, wenn auch wesentlich teurer als man es aus Kiel gewohnt ist. Da ich vorher schon von meinem Tanzlehrer den Tipp bekommen hatte dem dortigen Tanzverein beizutreten, besuchte ich erst ein paar Schnupperkurse und wurde dann Mietglied für ein halbes Jahr.Zum Wintersemester hatte der Verein einige Kennenlern-Aktionen für die Mitglieder organisiert, was für mich eine tolle Möglichkeit war um mich etwas mit Holländern anzufreunden und nicht nur mit anderen Erasmusstudenten der Minerva.
Dort war es vergleichsweise Schwer die “einheimischen Studenten” richtig kennen zu lernen. Unter der Woche hatten diese einen etwas strammeren Stundenplan als die Erasmusler, und an den Wochenenden fährt der Großteil in den jeweiligen Heimatort.
Also war auch ich an den Wochenenden oft unterwegs durch das Land und besuchte meine Freunde aus dem Sprachkurs.
Vergleichbar mit den Lidl DB-Tickets gibt es auch in Holland verschiedene Läden die ab und an Zugticket Aktionen haben; Tages-Tickets ab 13€ mit denen man den ganzen Tag durchs Land fahren kann. Eine normale Einzelfahrt kostest sonst etwas mehr als 13€, dementsprechend musste man fleißig darauf achten wann wieder Angebote sind um sich rechtzeitig mit Zugtickets einzudecken.
Fazit
In diesem einen halben Jahr habe ich viel gelernt, gesehen und erlebt. Groningen ist eine nette Studenten Stadt und hat eine größere Fahrradquote als Amsterdam. Zum Leben ist es dort sehr angenehm und zum Weggehen gibt es auch einige nette Sachen.
Auch wenn ich einiges verpasst habe, weil ich nicht in einem der Studentenwohnheime gewohnte habe, war sehr dafür sehr schön mit Holländerinnen zu wohnen und etwas ihrer kulturellen Eigenarten zu erleben, sowie seine Sprachkenntnisse zu üben.
An der Minerva gab es zwar einen sehr netten Ansprechpartner für die Erasmusstudenten, dieser hatte jedoch selber weniger Ahnung als die Studenten selber. Dementsprechend war es teilweise etwas schwer und auch die Kursangebote für Erasmusstudenten sind verbesserungswürdig.
Dennoch war es eine wunderbare Erfahrung und im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich in dem doch recht dichten Holland gelandet bin.