Erasmus- Erfahrungsbericht – Nantes/Frankreich
Luzie Bayreuther, BA KoDE, WS 2011/12
Ich hatte mich für mein Auslandssemester für die Bewerbung an der Beaux Arts in Nantes entschieden. Da ich gut englisch spreche, wollte ich mir für mein Auslandssemester nun eine neue Sprache vornehmen. Ich hatte Französisch in der Schule, konnte mich aber kaum darin verständigen. Nantes wurde mir als Stadt empfohlen und die Beaux Arts hat einen sehr guten Ruf. Dass sie eher kunstorientiert ist, hat mich nicht abgeschreckt, da ich mich ohnehin auf Illustration konzentrieren wollte, weil ich in meinen regulären Studien kaum dazu komme.
Ich habe über Bekannte schnell eine preiswerte und gut gelegene Wohnung gefunden und hatte nette Mitbewohner, die mich von Anfang an ins französische Leben integriert haben.
Ich zog in das Zimmer eines Studenten, der ein Erasmussemester in Norwegen verbrachte.
An der Beaux Arts waren wir nur 4 Erasmusstudenten (einen Studenten, der nach einer Woche abbrach, nicht mitgezählt). Bernier Hubert war unser Ansprechpartner und auch immer für uns in seinem Büro verfügbar und durchaus hilfreich.
Trotzdem fühlten wir uns ein wenig verloren, es gab keine Rundführung und wir mussten uns mit dem französischen Kursprogramm auseinandersetzen, das zu all unseren bisherigen Kursen total unterschiedlich war.
An der Muthesius wählt man Fotographie, wenn man fotografieren möchte und Illustration, wenn man zeichnen möchte. Wenn man sich in einer Fachrichtung wohlfühlt, behält man sie bis zum Bachelor-Abschluss bei und legt schließlich seine Prüfung darin ab. An der Beaux Arts wählt man nach dem Einführungsjahr pro Halbjahr eine der Fachrichtungen, die als “Edité”, “Construire”,”Image” und “Szene” bezeichnet sind. Idealerweise belegt man jedes Fach für ein Semester. Dabei kann man in jeder Fachrichtung eigentlich erstellen, was man möchte. Ich entschied mich für Edité. Zu diesem Zeitpunkt konnte ich schon etwas Französisch, weil ich schon zu Beginn der Ferien nach Frankreich gekommen war.
So konnte ich dem Unterricht einigermaßen folgen.
Um ehrlich zu sein, hatte ich große Schwierigkeiten mit dem französischen System.
Im Studiengang Kommunikationsdesign bekommen wir konkrete Aufgabenstellungen, Problemstellungen zu denen wir Antworten finden. Bei Illustration werden Aufgabenstellungen weniger konkret gehalten, aber man bekommt sehr viel Unterstützung von Dozenten, die spezialisiert sind auf Illustration. In meiner Kursbeschreibung in Frankreich standen aneinandergereihte Redewendungen. Das Thema war Madame Ima, also eine Hellseherin. Das Ergebnis war absolut nicht vorgegeben. Man hätte einen Tanz vorführen können. Für mich war es wahnsinnig schwer so frei zu arbeiten.
Wir innerhalb unseres Kurses hatten nur Di und Mi Unterricht. Di wurden veröffentlichte bekannte Arbeiten vorgestellt und Mi sollten unsere Projekte mit den Dozenten besprochen werden. Der Mittwochstermin fiel häufig aus, da ein Musikworkshop in unseren Kurs eingebaut wurde, der über 3 Wochen ging und wirauf eine Exkursion nach Lille gingen. Im Endeffekt hatte ich nur 3 Mal die Möglichkeit meine Arbeiten mit den Dozenten zu besprechen. Wir hatten ca. 6 Dozenten, von denen immer mal irgendwer da war. Ich habe nicht wirklich verstanden, wer da für was zuständig war. Vielleicht hätte man zusätzlich Termine machen können, aber ich habe irgendwann einfach alleine für mich gearbeitet.
Ich habe eine Illustrationsarbeit erstellt, die die Dozenten wohl auch ganz gut fanden; mit meiner Präsentationsform waren sie weniger zufrieden. Ich kam am Prüfungstag pünktlich zu meinem Prüfungstermin mit meinen Arbeiten und fand die Arbeiten der anderen in kleinen Ausstellungen an der Wand. An der Muthesius legen wir unsere Arbeiten auf den Tisch und besprechen Sie. Dass man an als frei arbeitender Künstler seine Arbeiten im Raum zu präsentieren hat, leuchtet mir natürlich ein. Trotzdem war ich frustriert darüber, das die Dozenten nur die Präsentationsform beklagten.
Wöchentlich fand Französischunterricht mit einer sehr freundlichen, geduldigen Lehrerin statt. Da wir alle auf sehr unterschiedlichemsprachlichen Niveau standen, war es schwierig den Unterricht für alle interessant zu machen. Aber das hat die Professorin sehr gut unter einen Hut bekommen.
Die anderen Schüler an der Beaux Arts waren sehr nett und offen uns gegenüber und versuchten uns Austauschstudenten, die ständig verloren im System schienen, auszuhelfen.
Auch die Dozenten waren bemüht einem auszuhelfen, wenn man sie ansprach.
Mein Gesamtfazit ist durchaus positiv. Für mich war es eine außerordentliche Herausforderung in ein Land zu ziehen, dessen Sprache ich quasi nicht sprach. Ich bin schon viel in anderen Ländern unterwegs gewesen, aber habe mich stets auf Englisch verlassen können. Meine Mitbewohner in Nantes sprachen ausschließlich französisch, so dass ich mich täglich auf Französisch verständigen musste. Meine Sprachfähigkeiten sind durchaus noch ausbaubar, aber ich kann mich verständigen und tiefgreifendere Gespräche führen.
Studenten meines Studiengangs würde ich von der Beaux Arts Nantes abraten, da die Unterrichtsweise der unseren einfach zu fremd ist. Ich habe während meines Austauschs eine Studienfreundin besucht, die in Rennes ein Auslandssemester an der Beaux Arts studierte. Diese Beaux Arts scheint mir unserer Arbeitsweise viel mehr gleichzukommen, oder sogar noch angewandter zu sein.
Nantes als Stadt ist sehr lebenswert. Die Menschen sind offen und freundlich. Es gibt schöneParks und Wasserwege und die Stadt an sich ist architektonisch schön und sehr künstlerisch.
Ich habe gute Freunde gefunden, mit denen ich im Kontakt bleiben werde. Ich habe eine neue Sprache erlernt und neue Erfahrungen in allen möglichen Lebensbereichen gemacht. Ich kann ein Austauschsemester in jedem Fall nur weiterempfehlen. In einem fremden Land zu leben bedeutet immer einen enormen Schritt in Richtung Selbstständigkeit. Man lernt sich zu organisieren und fern von zu Hause mit Problemen fertig zu werden. Man befreundet sich mit Menschen, mit denen man in der Heimat nichts zu tun hätte und erweitert seinen Horizont, wird offener und toleranter. Ich finde es toll, dass es durch Erasmus- Austausche Studenten Europas so einfach gemacht, wird derartige Erfahrungen zu machen.